6 Ergebnisse
6.1 Explorative Datenanalyse
Die explorative Datenanalyse dient zum einen als Voraussetzung, um aus den allgemeinen Wettkampfinformationen Hinweise auf technisch-taktische Verhaltensmuster zu erhalten. Zum anderen helfen diese Informationen die Suchstrategien zu optimieren. Im ersten Kapitel wurden die allgemeinen Wettkampfstatistiken aus 999 wertungsbringenden Ereignissen innerhalb der fünf Wettbewerbe genauer betrachtet. Anschließend erfolgte die Erfassung der Event-Typen und die Suche nach T-Patterns.
6.1.1 Allgemeine Wettkampfstatistik
Aus der deskriptiven Statistik zu den Merkmalen von Wurftechniken geht hervor, dass sich bei den wertungsbringenden Ereignissen die Anteile bei den Angriffsarten, Griffvarianten, Kampfauslagen, Tai-sabaki, Wurftechniken und Wurfrichtungen zwischen den Wettbewerben unterscheiden ( Abbildung 6.1 bis Abbildung 6.5). Zu den häufigsten erfolgreichen Angriffsarten gehören Direktangriffe (53,0%-73,1%) und Konterangriffe (10,7%-17,6%), die gemeinsam mehr als 2/3 der wertungsbringenden Ereignisse eines Turniers ausmachen. Kombinationen von zwei Wurftechniken treten hingegen mit durchschnittlich 8,3% wesentlich seltener auf. Angriffe mit Finten oder im Übergang zwischen Stand- und Bodenkampf machen mit unter 5% die kleinsten Anteile aus. Die häufigsten Griffvarianten bei wertungsbringenden Ereignissen sind die Klasischen-Griffvarianten (48,4-60,6%). Griffvarianten mit entsprechendem Bestrafungspotential, wie zum Gürtel (5,9%-17,3%), einseitige Griffe (6,7%-15,9%), Cross-Grips (3,6%-10,1%) oder diagonale Griffe (2,1%-10,9%), haben deutlich kleinere Anteile bei wertungsbringenden Ereignissen. Die Anteile dieser Griffvarianten nehmen tendenziell bei wichtigen Wettbewerben, wie Masters, GS Paris oder Europameisterschaft, zu. Dadurch verringern sich entsprechend die Anteile der Klassischen-Griffe.
Die Verteilungen der Kampfauslagen zum Zeitpunkt eines wertungsbringenden Ereignisses unterscheiden sich kaum zwischen den Wettbewerben. Hier liegen die Anteile für Ai-yotsu (RR) zwischen 23,8% bis 42%, für Ai-yotsu (LL) zwischen 9% bis 14,4%, für Kenka-yotsu (RL) zwischen 19,8% bis 31,2% und für Kenka-yotsu (LR) zwischen 27,1% bis 42,3%. Beim Masters in China kehrte sich der Anteil von wertungsbrinden Ereignissen durch Linkskämpfer (55,5%) gegenüber den größeren Anteilen der Rechtskämpfern innerhalb der vier vorherigen Wettbewerben um.
Die vierschiedenen Bewegungsformen und Wurfeingänge (Taisabaki) bei wertungsbringenden Ereignissen variieren stark zwischen den Wettbewerben. Den größten Anteil der wertungsbringenden Ereignisse machen Angriffe ohne erkennbaren Platzwechsel in der Tsukuri-Phase aus (z.B. Sichel- und Hakeltechniken aus einer statischen Position). Dannach folgen die typischen Bewegungsformen wie Mae-mawari-sabaki (5,7%-23,5%), Mae-sabaki (8,0%-21,8%), Oi-komi (4,9%-15,5%), Ushiro-sabaki (4,7%-14,9%) oder Tsugi-ashi (6,4%-11,5%). Komplexere Eingangsformen, wie Tobi-komi (3,2%-8,0%) oder Mawari-komi (1,3%-2,9%) sind weniger bei wertungsbringenden Ereignissen zu beobachten.
Die Anteile erfolgreicher Wurfgruppen zeigt, dass vor allem Sichel- und Hakeltechniken am häufigsten zu einem wertungsbringendem Ereignis führen (23,1%-27,7%). Die Anteile der Konter- (8,7%-17%), Schulter- (7,9%-23,6%), Opfer- (4,8%-11,4%), Hand- (9,4%-14,4%), Hüft- (7,1%-12,9%), Fege- und Stopptechniken (2,2%-6,1%) sowie einbeinigen Eindrehtechniken (9,4%-16%) variieren sehr unterschiedlich zwischen den fünf Wettbewerben. Dennoch ergibt sich daraus eine konstante Verteilung der Wurfrichtungen, die bei allen Wettbewerben mit ≈ 60% aus vorwärts- und ≈40% rückwärtsgerichteten Wurftechniken besteht.
6.1.2 Mattenposition
Erfolgreiche Wurfereignisse werden in unterschiedlichen Zonen der Wettkampffläche erzielt. Die explorative Datenanalyse macht deutlich, dass ausgehend von der Position des Video-Kampfrichters die häufigsten wertungsbringenden Ereignisse zentral und mittig hinten erzielt wurden (Abbildung 6.6). Die Einteilung in erste bzw. zweite Kampfhälfte sowie Golden Score verdeutlichen, dass unabhängig vom Kampfverlauf in diesen Mattenzonen mehr wertungsbringende Ereignisse stattfinden als in den anderen Zonen.
6.1.3 Internationale Unterschiede Tai-sabaki
Zum Zeitpunkt eines wertungsbringenden Ereignisses werden von den verschiedenen Nationen unterschiedliche Tai-sabaki-Formen angewendet. Obwohl mehrheitlich Wurftechniken mit undefinierten Wurfeingängen bzw. ohne unmittelbarer Schrittabfolge vor dem Wurfansatz geworfen werden, lassen sich deskriptiv inter- und intranationale Unterschiede zwischen TOP-Nationen (JPN, GEO, KOR, AZE, UZB und FRA1) und den anderen Nationen erkennen (Abbildung 6.7 & Abbildung 6.8). Zunächst fallen die Nationen, wie GEO, FRA, AZE, UZB, JPN und ITA auf, die durch einen großen Anteil an wertungsbringenden Ereignissen auch entsprechend prozentual mehr Wurfeingänge ausführen. Bei der intranationalen Betrachtung wird deutlich, dass Länder wie UZB, KAZ, KGZ, ISR und BEL einen hohen Anteil an wertungsbringenden Ereignissen mit Oi-komi-Eingängen haben (Ein-Schritt oder Eingesprungen). Demnach zielen diese Länder auf einen schnellen und erfolgreichen Wurfanstz. Einen hohen Anteil an Tobi-komi-Eingängen, die ebenfalls als zeiteinsparend gelten, sind bevorzugt in TPE, KGZ, DOM, CAN und JPN zu erkennen. Allerdings können hier die Anteile durch einzelne Athleten verzerrt sein. Für die klassische Eingangsvariante Mae-mawari-sabaki lässt sich erkennen, dass grundsätzlich viele Nationen hiermit wertungsbringende Ereignisse erzielen. Insbesondere bei kleineren Nationen die tendenziell weniger Wertungen erzielen wie FIN, USA, BIH oder SVK sind hier große Anteile zu erkennen. Ebenso sind diese Anteilsverhältnisse bei Mae-sabaki zu beobachten, da auch hier die wenigen wertungsbringenden Ereignisse durch ISL, ARM, SEN und ANG einen Großteil einnehmen. Unter den größeren Nationen wie KOR, JPN, BRA und MGL sind etwa 15% aller wertungsbringenden Ereignisse durch Mae-mawari-sabaki erzielt worden. Mawari-komi ist als eher seltene Eigangsvariante durch Länder wie CZE, KAZ, SLO und TPE geprägt.
JPN hat als TOP-Nation die gößten Anteile bei den Eingangsvarianten Tobi-komi (12%) und Mae-mawari-sabaki (16%). Die Verteilung des deutschen Teams deutet mit den Anteilen von Mae-mawari-sabaki (28%), Tsugi-ashi (17%), Oi-komi (10%) Tobi-komi (5%), Mawari-komi (5%) und Ushiro-sabaki (5%) auf weniger komplexe Schrittfolgen bei wertungsbringenden Ereignissen hin. Das Verteilungsbild der schwedischen Männer beschreibt ganz gut ihre Kampfphilosophie. Schwerpunktmäßig greifen sie in Übergang-Stand-Boden-Situationen an, bei denene sie entweder ausweichen (Mae-sabaki bzw. Ushiro-sabaki) oder herantreten (z.B. Hikkomi-gaeshi mit Tsugi-ashi), um anschließend zu kontern. Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass vor allem erfolgreiche Nationen mit einem breiten und auch anspruchvollen Repertroire von Wurfeingangsvarianten ihre wertungsbringenden Ereignisse erzielen.
6.1.4 Internationale Unterschiede Kumi-kata
Die Vielfalt der Griffvariationen in Kombination mit den weit über 60 verschiedenen Wurftechniken lassen sich nur begrenzt darstellen. Aus diesem Grund wurden die Griffevarianten in 7 Griffarten gruppiert. Die internationale Verteilung der Kumi-kata ist ähnlich zur Verteilung des Tai-sabaki, da die Anzahl der wertungsbringenden Ereignisse gleich ist (Abbildung 6.9). Über alle Nationen hinweg wird deutlich, dass klassische Griffvarianten ohne unmittelbarem Bestrafungsrisiko dominieren. Zu den häufigsten Kumi-kata-Varianten mit Bestrafungsrisiko zählen einseitige Griffe (Eri-Griffe & Diagonale-Griffe), die bei wertungsbringenden Ereignissen besonders in KAZ, ISR, KOR, BRA und BEL eingesetzt werden (Abbildung 6.10). Des weiteren kommen einhändige Griffvarianten in KAZ, JPN, ITA, GER, DOM, FIN und BIH für wertungsbringende Ereignisse zum Einsatz. Einen hohen Anteil an Griffen zum Gürtel sind bei MGL, ESP, SRB, UKR, TUR oder MDA zu beobachten. Die Verteilungen der kleineren Judo-Nationen wie ISL, GAM, MKD, ANG, CMR oder CYP sind durch einzelne Athleten geprägt, die mehrheitlich durch Griffvarianten mit Bestrafungsrisiko zum Erfolg kamen. Die TOP-Nationen mit klassischer Kampfweise wie JPN und KOR weisen bei den klassischen Griffvarianten sehr hohe Anteile (>66%) und bei den unkonventionellen Griffvarianten wie Cross-Grip oder Diagonale-Griffe geringere Anteile auf (<10%). TOP-Nationen wie MGL, FRA, UZB oder GEO hingegen haben hier eine Verschiebung der Anteile von den klassischen zu den unkonventionellen Griffvarianten (~10-15%). Die Verwendung von Griffvarianten mit Umklammerung sind vorrangig in UKR, SVK, CRO, und CZE bei wertungsbringenden Ereignissen zu erkennen(14-33%).
6.1.5 Führung, Gleichstand, Rückstand & Golden Score
Die deskriptive Analyse von technisch-taktischen Ereignissen zeigt, dass in bestimmten Kampfabschnitten und Kampfphasen unterschiedliche Wurfgruppen, Angriffsarten und Griffvarianten bei wertungsbringenden Ereignissen genutzt werden. Die deutliche Mehrheit wird allerdings bei Gleichstand zwischen Tori und Uke erzielt. Einen großen Anteil an wertungsbringenden Ereignissen nehmen die Sichel-/Hakeltechniken ein, die von Beginn des Kampfes bis hin zum Golden Score dominieren (Abbildung 6.11) . An zweiter Stelle stehen die Schulter- und einbeinigen Eindrehtechniken. Die Anteile der einbeinigen Eindrehtechniken nehmen allerdings mit zunehmender Kampfzeit ab. Insbesondere im Golden Score werden dann Schulter-, Konter-, Hüft- und Handtechniken häufiger verwendet. Bei Führung von Tori sind vor allem Sichel-/Hakel-, Schulter- und Kontertechniken für die zweite Wertung genutzt wurden. Im Fall des Rückstandes von Tori wurden grundsätzlich wenig wertungsbringende Ereignisse beobachtet. Um aber den Kampf zu drehen, kommen dann vermehrt Sichel-/Hakel-, Konter-, Hand- und Opfertechniken zum Einsatz.
Direktangriffe sind nicht nur die häufigste Angriffsart, sondern gehören in jedem Kampfabschnitt und jeder Kampfphase zur Hauptangriffsart (Abbildung 6.12). Dahinter liegen wertungsbringende Konter- und Gegenangriffe, die sowohl in Führung als auch in Rückstand von TORI ausgeführt werden. Mit Finten oder Übergängen werden hingegen kaum Wertungen erzielt. Ein großer Anteil von wertungsbringenden Ereignissen werden mit klassischen Griffvarianten, d. h. ohne konkretes Bestrafungsrisiko durch das Reglement, erzielt (Abbildung 6.13). An zweiter Stelle folgen Griffe zum Gürtel oder einseitige Griffe. Insbesondere bei Rückstand sind Griffe zum Gürtel eine beliebte Art wertungsbringe Ereignisse zu erzielen.
6.2 T-Pattern
6.2.1 Suchstrategie 1: KUMI-KATA & TAISABAKI
Für die Suche nach temporalen Mustern in den Phasen der Grifferöffnung und Angriffsvorbereitung wurden die Gesamtdaten jedes Wettkampfes nach den relevanten Kategorien gefiltert (Bewegungsrichtung, Tai-sabaki, Kampfauslage, Wurfgruppen, Kumi-kata). Zusätzlich wurde für eine verbesserte Datenauflösung der Kategorien eine Reduktion der Merkmale zu Clustern durchgeführt (z. B. für 60 Wurftechniken zu 8 Wurfgruppen oder 11 Richtungsangaben zu 7 Bewegungsrichtungen). Mit Hilfe der Setting-Parameter für kritische Intervalle (CI-Type: Free; BLP-Type: NX/T; Univ. Patterns: Include; sig. Level: 0,001; Min. Occur.: 3; Maximum d2: 400) wurden aus den durchschnittlich 698 Event-Typen 974 temporale Muster gefunden (Tabelle 6.1). Nach der Validierung konnten im Schnitt 74 verschiedene T-Patterns für die Grifferöffnung und 28 T-Patterns für das Taisabaki bestätigt werden. Ein Muster zählt als bestätigt, wenn die Einschlusskriterien für Grifferöffnung (Kumi-kata + Auslage & Tai-sabaki + Bewegungsrichtung) oder Tai-sabaki (Tai-sabaki 1 + Bewegungsrichtung 1 & Tai-sabaki 2 + Bewegungsrichtung 2) unter Berücksichtigung der kritischen Intervallgrenzen (i.d.R. d2 <400 Frame) und innerhalb der realen Videosequenz erfüllt werden.
GP POR | GS TUR | GS FRA | EM BUL | Master CHN | Gesamt | |
---|---|---|---|---|---|---|
Wertungsereignisse | 188 | 278 | 149 | 202 | 182 | 999 |
Event-Typen | 374 | 1038 | 333 | 569 | 1176 | 3490 |
Events | 1455 | 7143 | 1510 | 2084 | 8329 | 20521 |
T-Patterns | 78 | 274 | 160 | 356 | 104 | 972 |
verworfene T-Patterns | 33 | 109 | 121 | 176 | 29 | 468 |
Grifferöffnung T-Patterns | 40 | 121 | 34 | 118 | 55 | 368 |
Tais-abaki T-Patterns | 5 | 48 | 5 | 62 | 20 | 140 |
Die Verteilungen der Bereiche Grifferöffnung und Tai-sabaki nach der Länge der Muster verdeutlicht, dass im Vorfeld eines wertungsbringenenden Ereignisses viele kurze Muster dominieren (Abbildung 6.14) . Aufgrund der zeitlichen Beschränkung der analysierten Videosequenzen ließen sich auch keine Muster mit mehr als vier verknüpften Event-Typen ermitteln. Die Länge der Muster beschreibt zudem die Komplexität, die von zwei bis vier Verkettungen zunimmt und sich entsprechend in jeder Stufe in ihren Verknüpfungen wiederholen.
Zur besseren Übersicht wurden aus den 508 validierten temporalen Muster jeweils für Tai-sabaki und Grifferöffnung die längsten Bewegungsabfolgen dargestellt. Die verschiedenen Tai-sabaki-Formen (1-9) machen deutlich, dass die durch Tori initialisierten Schrittmuster bzw. um den Gegner als zentrale Punkt herum kreisförmig ausgeführt werden. Ungeachtet von der Konstellation der Kampfauslage lässt sich diese kreisförmige Ausrichtung in vorwärts (Abbildung 6.15), rückwärts (Abbildung 6.16) und seitwärts (Abbildung 6.17) gerichtete Bewegungsmuster unterscheiden. Hierbei gehen Formen des Ayumi-ashi und Tsugi-ashi fließend ineinander über und werden durch die zahlreichen Kombinantionsmöglichenkeiten mit Ushiro-sabaki und Mae-sabaki individuell verschieden.
Bei Betrachtung der häufigsten temporalen Tai-sabaki-Muster sind vor allem rotatorisch initialisierte Bewegungsformen dominant, die i.d.R. durch zwei Event-Typen gekennzeichnet sind, wie in den folgenden Flowcharts dargestellt (Abbildung 6.18). Das häufigste temporale Muster ist ein doppelter seitlicher Tsugi-ashi-Schritt, der sich in längeren Mustern wiederfindet.
flowchart TD A(Tsugi-ashi) -->|Kreisbewegung| B(Ushiro-sabaki) C(Ushiro-sabaki) -->|Kreisbewegung| D(Tsugi-ashi) E(Mae-sabaki) -->|Kreisbewegung| F(Mae-sabaki) G(Tsugi-ashi) -->|Kreisbewegung| H(Tsugi-ashi) I(Ayumi-ashi) --> |Schräg-Vorwärts| J(kreisförmig Tsugi-ashi) style A fill:#1f988f,stroke:#333,stroke-width:2px style B fill:#933a89,stroke:#333,stroke-width:2px style C fill:#933a89,stroke:#333,stroke-width:2px style D fill:#1f988f,stroke:#333,stroke-width:2px style E fill:#2bb2e2,stroke:#333,stroke-width:2px style F fill:#2bb2e2,stroke:#333,stroke-width:2px style G fill:#1f988f,stroke:#333,stroke-width:2px style H fill:#1f988f,stroke:#333,stroke-width:2px style I fill:#e23445,stroke:#333,stroke-width:2px style J fill:#1f988f,stroke:#333,stroke-width:2px
Im Bereich der Grifferöffnung wurden die temporalen Muster mit einer Länge von vier Event-Typen jeweils nach den Kampfauslagen Kenka-yotsu (Abbildung 6.19) und Ai-yotsu (Abbildung 6.20) sortiert. Die Reihenfolge von Tai-sabaki- und Kumi-kata-Events können hiebei beliebig variieren. Ein Verhaltensmuster kann beispielsweise, wie in Muster 2 bei Kenka-yotsu, durch eine Kumi-kata-Veränderung von Revers-Griff zu Ärmel-Revers-Griff und dann ein Tsugi-ashi-Schritt seitwärts mit anschlließendem Tsugi-ashi-Schritt rückwärts ausgeführt werden. Ebenso lassen sich, wie im Beispiel 4 im Kenka-yotsu, Kombination von Kumi-kata, Tai-sabaki und dannn wieder Kumi-kata im Vorfeld eines wertungsbringenden Ereignisses beobachten. Sowohl im Kenka-yotsu als auch Ai-yotsu sind rückwärts und entgegen der Wurfrichtung verlaufende Tai-sabaki-Formen auffällig.
Zu den häufigsten Grifferöffnungen gehören Griffvarianten über das Revers. Insbesondere der Ärmel-Revers-Griff ist im Kontext von wertungsbringenden Ereignissen ein fester Bestandteil der temporalen Verhaltensmustern mit einer Länge von zwei Event-Typen (Abbildung 6.21). Aus den über 300 verschiedenen Grifferöffnungsmustern wird deutlich, dass die Angriffsvorbereirtung vor einer Wertung durch ähnliche Event-Typen gekennzeichnet ist. Deswegen lassen sich in den Ergebnissen kaum Unterschiede zwischen Kenka-yotsu und Ai-yotsu identifizieren.
flowchart TD A(Ärmel-Revers im Kenka-yotsu) -->|Kreisbewegung| B(Tsugi-ashi) C(Einhändiges Revers im Kenka-yotsu) -->|Kreisbewegung| D(Tsugi-ashi) E(Ärmel-Revers im Ai-yotsu) -->|Kreisbewegung| F(Ushiro-sabaki) G(Ärmel-Revers im Kenka-Yotsu) -->|Rückwärtsbewegung| H(Tsugi-ashi) style A fill:#933a89,stroke:#333,stroke-width:2px style B fill:#1f988f,stroke:#333,stroke-width:2px style C fill:#2bb2e2,stroke:#333,stroke-width:2px style D fill:#1f988f,stroke:#333,stroke-width:2px style E fill:#f29f31,stroke:#333,stroke-width:2px style F fill:#a0be46,stroke:#333,stroke-width:2px style G fill:#e23445,stroke:#333,stroke-width:2px style H fill:#1f988f,stroke:#333,stroke-width:2px
Aufgrund der überwiegend kurzen temporalen Muster sind direkte Beziehungen zu wertungsbringenden Ereignissen durch das Prinzip “Fassen und Werfen” deutlich erkennbar. In Tabelle 6.2 sind alle Ereignisse aus den Datensätzen aufgelistet, die einen unmittelbaren Bezug zwischen Grifferöffnung und Wurftechnik anhand der Merkmale herstellen können. Hier sind vor allem temporale Muster mit einer Länge von zwei Event-Typen und einem relativ kurzen Zeitintervall [d1; d2] charakteristisch. Besonders schnelle Tai-sabaki-Formen, wie Tobi-komi (tob) und Oi-komi (okm), werden in den temporalen Mustern deutlich. Dadurch zeichnet sich für eine erfolgreiche Grifferöffnung ab, dass etwa zwischen 1-4 Sekunden die Grifferöffnung mit der wertungsbringenden Wurftechnik absolviert werden sollte. Für Hüft- und Schultertechniken sind gegenüber den einbeinigen Eindrehtechniken sogar 1-3 Sekunden erforderlich. Folglich sind auch keine Griffwechsel in diesen T-Patterns zu erkennen. Darüber hinaus werden im Vorfeld der Wurftechniken die notwendigen Tai-sabaki-Formen deutlich (Tsugi-ashi und Ayumi-ashi).
T-Pattern | Anzahl [N] | Länge | Min d1 [s] | Min d2 [s] |
---|---|---|---|---|
(( tori,rr,a_r tori,vw,aya ) tori,rr,a_r,sht ) | 3 | 3 | 0,40 | 2,57 |
(( tori,rw,tas tori,kb,uss ) tori,lr,a_h,kot ) | 3 | 3 | 0,37 | 2,25 |
(( tori,svw,aya tori,vw,aya ) tori,rr,a_r,sht ) | 3 | 3 | 0,40 | 6,63 |
(( tori,vw,aya tori,kb,uss ) tori,rr,a_r,sht ) | 3 | 3 | 0,13 | 4,48 |
( tori,lr,a_a tori,lr,a_a,mms,htt ) | 3 | 2 | 0,53 | 3,17 |
( tori,lr,a_a tori,lr,a_a,okm,htt ) | 3 | 2 | 1,00 | 2,45 |
( tori,lr,a_r tori,lr,a_r,tob,ebe ) | 3 | 2 | 1,88 | 4,12 |
( tori,lr,a_r tori,lr,a_r,ums,ebe ) | 3 | 2 | 0,93 | 4,17 |
( tori,lr,er_ar tori,lr,er_ar,okm,sut ) | 3 | 2 | 0,85 | 1,25 |
( tori,lr,n_r tori,lr,di_ar,okm,sut ) | 3 | 2 | 0,92 | 3,25 |
( tori,rr,a_a tori,rr,a_a,okm,htt ) | 3 | 2 | 1,00 | 2,67 |
( tori,sw,tas tori,lr,a_r,tob,ebe ) | 3 | 2 | 0,93 | 2,32 |
6.2.2 Suchstrategie 2: strategisch-taktische Rahmenbedingungen
Für die Beantwortung der Forschungsfrage (F3) wurden mit Hilfe der Setting-Parameter für kritische Intervalle nach internationalen Besonderheiten in den Verhaltensmuster bei Führung, Rückstand und Golden Score gesucht (CI-Type: Free; BLP-Type: NX/T; Univ. Patterns: Include; sig. Level: 0,001; Min. Occur.: 3; Maximum d2: 400). Es ließen sich allerdings aus den fünf Datensätzen keine relevanten Muster erkennen, die eine inhaltlich sinnvolle Ableitung für strategisch-taktische Entscheidungen ermöglichen. Der Zeitraum von Kontaktaufnahme über die Grifferöffnung bis zur wertungsbringenden Angriffsaktion scheint nicht auszureichen, um nationenübergreifenden Muster miteinander zu vergleichen. Zudem reichte die isolierte Betrachtung von Tori, ohne die Interaktion mit Uke einzubeziehen, nicht aus. Die vergebenen Merkmale können daher nur Informationen für einen längeren Beobachtungszeitraum mit Interaktionswechsel genutzt werden. Um mehr Auskunft über die strategisch-taktische Rahmenbedingungen zu erhalten, müssen die Merkmale erweitert und alle Kampfphasen in die Detektion einbezogen werden.