Neue Technologien sind allgegenwärtig – auch im Sport. Stichwort Smartwatches. Mit Wearables –Sensoren, die am Körper getragen werden – kann alles gemessen werden, was das Sportlerherz begehrt. Angefangen von der Herzfrequenz über die Sauerstoffsättigung, Glukosekonzentration, der Atemfrequenz bis selbst hin zum Schlafverhalten. Eigentlich ein Traum für die Trainingsüberwachung, aufwendige Leistungsdiagnostiken wären nicht mehr möglich. Funktioniert das wirklich? Was und wie genau messen die Wearables? Sind sie im Leistungssport anwendbar? Welchen Chancen bieten sie? Und was ist künftig von diesen neuen Technologien zu erwarten? Dieser Themenbereich war Schwerpunkt am zweiten Tag des Nachwuchsleistungssport-Symposiums in Leipzig, veranstaltet vom Institut für Angewandte Trainingswissenschaft in Leipzig.
Im Haupt- und in Impulsvorträgen waren sich alle Wissenschaftler einig: Der Einsatz der Wearables ist mit Vorsicht zu genießen. „Aufgrund der der Flut an unterschiedlichen Geräten, die den Markt inzwischen überflutet haben, ist es relativ schwierig geworden, einen Überblick zu behalten“, sagte Dr. Moritz Schumann vom Institut für Kreislaufforschung und Sportmedizin der DSHS Köln. Eine Überprüfung der Wearables habe ergeben, dass nur fünf bis sechs Prozent wissenschaftlich validiert sind. Vor dem Einsatz sollte immer hinterfragt werden, ob den Daten wirklich zu vertrauen ist. Im Leistungssport spielt die Genauigkeit eine wichtige Rolle. Zu beantworten ist aber auch, ob all diese Daten für eine Trainingssteuerung überhaupt nötig sind? Und ist man in der Lage, die Daten effektiv zu analysieren? „Wenn nicht, kann man es auch lassen“, sagte Dr. Schumann. Vor allem aber auch sei eine ethische Diskussion zu führen, welche Datenerhebung dem Athleten zuzumuten ist. Ist es zumutbar, Daten während des Schlafens aufzunehmen? In den neuen Technologien stecke ein hohes Potenzial, aber vieles müsse noch geklärt werden. Dazu sei eine Zusammenarbeit von Politik, Wissenschaft und Praxis nötig. Standards müssten entwickelt werden, Hersteller müssten transparenter werden. Zudem gab Dr. Schumann einen Ausblick, was alles künftig zu erwarten ist. Angefangen bei Microchip-Technologien zur Erfassung von Elektrolyten und Natriumkonzentration, über Skinpatches zur Bestimmung von Glukose- und Laktatkonzentraten bis hin zu Smartwatches zur Erkennung und Überwachung von Kammerflimmern. Die Zukunft: Eine Echtzeitüberwachung während Sportevents. Für alles gibt es Pro und Kontra. Eine Diskussion, die geführt werden muss.
Noch sind diese neuen Technologien nicht soweit, dass sie im Leistungssport sinnvoll eingesetzt werden können, das stellte IAT-Trainingswissenschaftler Prof. Dr. Olaf Ueberschär in seinem Vortrag klar. Hersteller von Sport-Smartwatches versprechen viel, gehalten werde aber wenig. Es müsse immer hinterfragt werden, welche Wearables dem Trainer bei der Arbeit helfen und welche helfen nur dem Umsatz der Hersteller. Als krasses Beispiel erzählte er von seiner Smartwatch, die am Fahrradlenker angebracht, auch eine Herzfrequenz maß. Doch auch die Angabe der verbrauchten Kalorienanzahl könne nicht genutzt werden, „da kann man auch gleich im Kaffeesatz lesen.“ Sein Fazit: „Vorsicht walten lassen. Viele Werte sind nach wie vor Fake-News.“ Er glaube aber an die Verbesserung der Algorithmen, sodass in drei oder vier, vielleicht auch schon in zwei Jahren eine deutliche Verbesserung zu erwarten sei.
Entwicklung eines modernen Technikmanuals im Skilanglauf
Zu welchen Erfolgen der Einsatz moderner Hilfsmittel im Skilanglauf führt, erzählten IAT-Wissenschaftler Ronny Fudel und Technik- und Athletiktrainer im Deutschen Skiverband. Dank eines Technikmanuals – eine Zusammenarbeit von DSV, IAT und der Firma evoletics –mit kleinen Videos zur Darstellung verschiedener Bewegungsverläufe konnte Trainern eine Anleitung in die Hand gegeben werden, die leicht verständlich ist. Schlüsselpositionen wurden dabei herausgenommen. „Wir haben uns auf das Wesentlichste beim Erlernen der Technik konzentriert“, erklärte Teichmann. Denn eine gute Ausbildung im Nachwuchsbereich sei die Basis, auf die im Spitzenbereich dann aufgebaut werden könne.
Informationsflut beherrschen – Die Lösung: IAT-Hub
In allen Bereichen werden Unmengen an Daten generiert. Es gibt auch am IAT mehrere Wissens- und Datenmanagementangebote. In dem IAT-Hub sollen nun alle IAT-Angebote für eine Sportart oder ein Kompetenzfeld an einer Stelle zusammengefasst präsentiert werden. Das Projekt stellte Axel Brüning vor. So wird es künftig ein vereinfachtes Login mit differenzierten Rechten für alle Angebote wie IDA, RTK, Nextcloud oder LIDA geben.
Der Blick über den Tellerrand
Einen Einblick über die Arbeit und mögliche Kooperationen mit dem Nachwuchsleistungssportbereich gab Uwe Podwojski von der Staatlichen Ballet- und Artistikschule Berlin.
Aus der Praxis
Abgerundet wurde der zweite Symposiumstag durch vier parallele moderierte Gesprächsrunden. Dabei gaben unter anderem Triathlon-Paralympicssieger Martin Schulz und Kanuslalom-Olympia-Dritte von Tokio, Andrea Herzog, Einblicke aus ihrem Werdegang.