Johannes Vetter zeigt in diesem Jahr herausragende, stabile Leistungen mit Würfen über 91 Metern. „So eine Leistungsentwicklung passiert nicht von heute auf morgen. Es steht langjährige, systematische Arbeit dahinter“, erklärt IAT-Wissenschaftler Stefan Erlewein von der Fachgruppe Wurf/Stoß beim Medienworkshop mit Blick auf Olympia. Zumal der Weltmeister von 2017 mit Verletzungen zu kämpfen hatte. Generell werden jedes Jahr in den Wintermonaten unter anderem komplexe Leistungsdiagnostiken am Messplatz Wurf/Stoß am IAT vorgenommen und ausgewertet. Dabei werden die Wurfleistungen auf dem Messplatz mit den Kraft- und Schnellkraftwerten aus dem Biomechaniklabor im Zusammenhang betrachtet. „Somit bekommen wir ein sehr detailliertes Bild vom Athleten und können zur Saison hin in den Trainingslagern systematisch an der sportlichen Technik arbeiten.“ Wie all das durch den Athlet*innen im Wettkampf umgesetzt werden kann, wird mittels dreidimensionaler Videoanalysen überprüft.
Johannes Vetter warf 2017 deutschen Rekord. Ab Ende 2018 hatte er dann Verletzungsprobleme, „die Arbeit mit ihm war somit 2019 relativ schwer, weil nicht alles möglich war“, sagt Erlewein. „Deshalb haben wir uns sehr individuell auf Athlet und Trainer eingestellt. Wir wussten durch die Diagnostiken, woran zu arbeiten ist.“ Als Vetter 2019 wieder werfen konnte, sollte er bewusst die Anlaufgeschwindigkeit etwas reduzieren. „Da er generell sehr gute athletische Voraussetzungen mitbrachte, war er in der Lage, auch mit geringeren Anlaufgeschwindigkeiten weit zu werfen – unter der Voraussetzung, dass die Technik passt.“ Das Ziel wurde erreicht. „Seine Leistungen haben sich entwickelt, Würfe über 90 Meter waren wieder möglich.“
Vetter langsamer, Hussong schneller im Anlauf
Das Jahr 2020 mit der relativ langen Wettkampfpause war für Vetter dabei vorteilhaft. „Wir konnten weiter systematisch an der technischen Sportentwicklung arbeiten. Mit geringerer Anlaufgeschwindigkeit. Ohne aus dem Vollen zu werfen, konnten wir die Körperpositionen so optimieren, dass schon Ende 2020 sehr große Weiten und der deutsche Rekord kam“, resümiert Erlewein die Arbeit. „Es war noch nicht auf dem Stabilitätsniveau in diesem Jahr, aber ein wichtiger Grundstein dafür wurde 2020 gelegt.“ Es konnte also über einen längeren Zeitraum verletzungsfrei gearbeitet werden.
Bei der Nummer eins der deutschen Speerwerferinnen, Christin Hussong, wurde im Gegensatz zu Vetter an der Erhöhung der Anlaufgeschwindigkeit gearbeitet. Bei ihr ging es darum, die Dynamik gegen das Stemmbein zu erhöhen. „Insbesondere im Kraft- und Schnellkraftbereich konnten wir Entwicklungen erzielen.“ Ziel war, mehr Geschwindigkeit auf das Stemmbein zu bringen und diese dann aber auch auf den Speer zu übertragen. An der entsprechenden Technik wurde in den Trainingslagern gearbeitet. Der Erfolg: Mit ihren geworfenen 69,19 Meter schaffte Hussong es auf die ewige Weltrangliste Nummer acht.