Wie kann ich Schnelligkeitsvoraussetzungen meiner Athleten beurteilen?
Stand: 2017
Der Erfolg in einer Sportart hängt maßgeblich davon ab, wie die spezifischen Leistungsvoraussetzungen beim Sportler entwickelt und ausgeprägt sind. Dementsprechend sollte der Trainer sowohl die Bedeutung der Schnelligkeitsvoraussetzungen in seiner Sportart kennen als auch beurteilen, wie sie bei seinen Athleten ausgeprägt sind. Eine Leistungs- bzw. Schnelligkeitsdiagnostik kann wichtige Orientierungen für die weitere Leistungs- und Trainingssteuerung geben.
Eine gute Schnelligkeitsdiagnostik berücksichtigt die vier Dimensionen der Schnelligkeit und setzt sie wenn möglich in einen sportart- bzw. disziplinspezifischen Kontext. Demensprechend gibt es grundsätzlich viele Möglichkeiten und Ansätze Schnelligkeitsvoraussetzungen zu erfassen und zu beurteilen. Aufgrund der kurzen Zeitabschnitte und schnellen Bewegungen sind sie in der Regel jedoch nicht einfach wahrnehmbar, sondern müssen durch komplizierte Technik gemessen werden. Die folgenden Tests sind als Beispiele zu verstehen, die sich zur Schnelligkeitsdiagnostik sowohl unter praktischen als auch wissenschaftlichen Gesichtspunkten bewährt haben:
Reaktionsschnelligkeit
Tests zur Ermittlung der Reaktionsschnelligkeit sind meist computergesteuert und basieren auf zufälligen akustischen oder visuellen Signalen, die beantwortet werden müssen. So erlaubt zum Beispiel das Wiener-Test-System die Erfassung von Einfach- und Wahlreaktion, indem auf verschiedene Signale mit einer Hand- oder Bein- oder auch kombinierten Hand-Beinreaktion geantwortet werden muss. Ein einfacher und überall durchführbarer Test ist der sogenannte Stabfalltest, bei dem die Fallstrecke des Stabs als Maß der Reaktionszeit genutzt wird.
Zyklische Schnelligkeit
Zyklische Schnelligkeitstests versuchen die maximale Bewegungsfrequenz einer bestimmten Bewegung zu erfassen. So kann beispielsweise über Kontaktmatten die Bewegungsfrequenz verschiedener Tappingaufgaben der Arme und Beine ermittelt werden. Im Radsport kann auf einem Fahrradergometer die maximale Tretfrequenz bestimmt werden, wenn kein Widerstand eingestellt ist. Im Boxen wird mit Hilfe eines Lichtschrankensystems ein Schlagfrequenztest durchgeführt, bei dem innerhalb von 5 Sekunden möglichst viele wechselseitige Schläge erzielt werden müssen.
Diagnose der azyklischen Schnelligkeit
Azyklische Schnelligkeitstests werden oftmals mit Hilfe von besonderer Videotechnik oder Kontaktmatten durchgeführt. Ein bekanntes Beispiel ist der sogenannte „Drop Jump“, bei dem sich die Testperson von einem Podest auf die Matte fallen lässt und erneut abspringt. Die für den Absprung benötigte Stützzeit wird als Schnelligkeitsparameter und die Flugzeit als Schnellkraftparameter gemessen und interpretiert. Aus diesen Größen lassen sich weitere aufschlussreiche Parameter berechnen, wie die Sprungeffektivität oder der Reaktivkraftindex (RSI), die gut zur Trainingssteuerung genutzt werden können.
Agility
Entsprechende Tests werden normalerweise mit verschiedenen Bewegungsaufgaben unter sportspezifischen Bedingungen versehen und über ein Zeitsystem gemessen. Ein bekanntes Beispiel ist der „agility t-test“ mit dem hauptsächlich „change of direction speed“ (CODS) gemessen werden kann. Allerdings fehlt wie bei den meisten Tests ein sportspezifischer Stimulus auf den reagiert werden muss. Für die Sportart Netball wurde ein Test entwickelt, der dieses Problem berücksichtigt. Hierbei werden über eine Leinwand lebensgroße Gegneraktionen eingespielt, auf die mit einer entsprechenden Laufrichtung reagiert werden muss.
Frage Dich, welche Schnelligkeitsvoraussetzungen in Deiner Sportart getestet werden sollen und wähle die dazugehörigen Tests aus.
Achte darauf, dass die mit dem Test einhergehenden Standards und Ausführungsbe- stimmungen eingehalten werden, da sonst Testleistungen nicht miteinander verglichen werden können.
Beurteile unter Zuhilfenahme von spezifischen Orientierungswerten die erbrachten Testleistungen und stelle Stärken und Schwächen Deiner Athleten heraus.
Entscheide, welche Dimensionen der Schnelligkeit gezielt trainiert werden sollen und setze dies in Deiner Trainingsplanung entsprechend um.
- Sheppard, J. M. & Young, W. B. (2006). Agility literature review: Classifications, training and testing. Journal of Sports Sciences, 24 (9), 919-932.
- Voss, G., Witt, M. & Werthner, R. (2007). Herausforderung Schnelligkeitstraining. Aachen: Meyer & Meyer.