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Trainingsempfehlungen für den Sprint im Skilanglauf

Wie trainiere ich einen Sprinter?

Autor: Johann Stöhr
Hintergrund

Die in den letzten Jahren zu erkennenden Entwicklungstendenzen, hinsichtlich einer früheren Spezialisierung mancher Athleten, die teilweise immer noch anhält , sowie die gestiegene Anzahl der Sprintrennen im Weltcup und die damit verbundene Bedeutung für die Gesamtwertung, machen die trainingsmethodischen Herausforderungen deutlich. Der Spagat zwischen Sprint- und Distanzrennen ist jedoch erfolgreich zu meistern, wie einzelne Athleten belegen. Dennoch herrscht teilweise in der Trainingspraxis häufig Unsicherheit darüber, wie eine zweckmäßige und umsetzbare trainingsmethodische Herangehensweise aussehen könnte. Unter Beachtung individueller Leistungsvoraussetzungen und Unterschieden in Trainingsalter und biologischem Alter lassen sich wesentliche Handlungsempfehlungen vorschlagen, die in der Trainingspraxis Berücksichtigung finden sollten.


Antwort

Generell lässt sich festhalten, dass sich die trainingsmethodischen Grundorientierungen zwischen Sprinter und Distanzläufern gar nicht so sehr unterscheiden, wie es die Charakteristik der beiden Wettkampfformate mitunter vermuten lässt. Das bedeutet, dass beide Athletentypen grundsätzlich einen ähnlich hohen Gesamttrainingsumfang realisieren, bei welchen auch das Grundlagenausdauertraining einen ähnlich hohen Stellenwert einnimmt (ca. 85-90 % extensives Ausdauertraining). Sowohl Distanz- als auch Sprintläufer entwickeln die für ihr jeweiliges Wettkampfformat entscheidenden Fertigkeiten also auf dem gleichen Fundament. Ist dieses Fundament gelegt, sollten sich nun einige darauf aufbauende Trainingsformen an den unterschiedlichen Wettkampfanforderungen orientieren.

Dies gilt insbesondere für die Gestaltung des intensiven Trainings. Da im Sprint wesentlich höhere Geschwindigkeiten bei deutlich kürzerer Belastungsdauer realisiert werden als bei Distanzrennen, wird beim Sprinter eine andere Stoffwechselsitutation als beim Distanzläufer provoziert. Die während des intensiven Trainings zur Anwendung kommenden Intensitätsbereiche, aber auch die Dauer der Intervalle und deren Pausen sollten also so angepasst werden, dass bspw. eine hohe Laktatverträglichkeit und die Aufrechterhaltung schneller Bewegungen (unter Ermüdung) über einen vordefinierten Zeitraum optimal ausgebildet werden kann. Entsprechend sind bei der Anwendung von Intervalltraining im Jahresverlauf bei Sprintern höhere Intensitäten mit einer angepassten Pausengestaltung zu beobachten. Für „Sprinttypen“ sind derartige Belastungsreize geeignet, da diese häufig “laktatverträglicher/-toleranter“ reagieren als Distanzläufer.

Die Entwicklung der o.g. Fähigkeiten, sprich wiederholte Sprints mit kurzen Erholungsintervallen durchzuführen, drückt sich in der sogenannten Repeated Sprint Ability (RSA - Wiederholte Sprintfähigkeit) aus. Folglich wird hier eine schnelle und hohe Energielieferung, die Fähigkeit Energie in hohe Leistungsabgaben umzuwandeln und die Fähigkeit Ermüdungserscheinungen bei wiederholten Sprints zu widerstehen, trainiert. Da diese Trainingsform sowohl Beiträge des aeroben als auch des anaeroben Energiesystems erfordert, wird klar, warum Sprinter das gleiche Trainingsfundament benötigen wie Distanzläufer. Aufgrund der muskulären Beschaffenheit von Sprintern scheint es schlüssig, dass größere Erholungsphasen nach intensiven Einheiten nötig sind, um Belastungen auf nächsthöherem Niveau zu ermöglichen. Für Sprinter scheint es daher ratsam nach hochintensiven Intervalleinheiten das Grundlagenausdauertraining im unteren Intensitätsspektrum zu realisieren. Dieses Vorgehen entspricht deutlicher als bei einem Distanzläufer dem Polarisierten Trainingskonzept.

Schließlich sollten sprintbegünstigende Voraussetzungen des Athleten ebenso für das Krafttraining Berücksichtigung finden. Hier sollte neben einem regelmäßig stattfindenden Maximalkrafttraining mit der Langhantel, besonders das Schnellkrafttraining so gestaltet werden, dass der Athlet neuromuskuläre Reize erfährt, die dem Anforderungsprofil eines Sprinters gerecht werden. Die Trainingsfrequenz von zwei bis drei Krafteinheiten pro Woche, gerade im Sommer- oder im Vorbereitungstraining, gilt wiederum für beide Athletentypen.


Handlungsempfehlungen

Um die Muskelausdauer des Oberkörpers zu verbessern, sollte die Anzahl der Wiederholungen hoch sein, während die Belastungen relativ gering sind (20-100 Wiederholungen / Satz).

Sitzendes Pull-Down und stehendes Doppelstockziehen als Oberkörper Maximalkrafttraining haben sich als äußerst effektiv in Verbindung mit Rumpfstabilitätstraining (wie Medizinball-Übungen, Theraband-Übungen sowie Rumpfstabilisationsübungen auf Turnmatten) erwiesen.

Nutze ein 20- oder 180-Sekunden-Intervalltraining (Rollski, Ski oder DP-Ergometer) mit hohen Trainingsgeschwindigkeiten in ebenem Gelände, um wettkampfspezifische Geschwindigkeiten zu simulieren und das Renntempo zu erhöhen

Literatur
  1. Berryman, N., Mujika, I., Arvisais, D., Roubeix, M., Binet, C., & Bosquet, L. (2017). Strength Training for Middle- and Long-Distance Performance: A Meta-Analysis. International Journal of Sports Physiology and Performance, 13 (1), 57-64.
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