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Testen und Leistungsdiagnostik – Welche Bedeutung hat der Benchthrow für die Wurf/Stoß-Disziplinen?

Autor: Lisa Börner & Uwe Wenzel
Stand: 08/2025
Hintergrund

In den leichtathletischen Wurf- und Stoßdisziplinen ist die muskuläre Leistung von zentraler Bedeutung, da hier die Fähigkeit der Muskulatur, große Kräfte bei hohen Geschwindigkeiten zu generieren, entscheidend für den Erfolg ist. Mithilfe der Kraft- bzw. Last-Geschwindigkeits-Relation lassen sich die muskuläre Leistung objektivieren und Aussagen über Schnelligkeits-, Schnellkraft- oder Maximalkraftvoraussetzungen von Sportler*innen ableiten (Morin & Samozino, 2016). Der Test Benchthrow (BT) ist für die obere Extremität mit dieser Zielstellung konzipiert und wird in den Leistungsdiagnostiken Wurf/Stoß durchgeführt. Bevor jedoch trainingsmethodische Ableitungen und Empfehlungen auf Basis der individuellen Testergebnisse erfolgen können, sollte die Eignung und Aussagekraft des BT hinterfragt werden. Inwieweit erfüllt der Test wichtige Gütekriterien und besitzen seine Messergebnisse einen Zusammenhang zur Wurf- bzw. Stoßleistung?


Antwort

Der Benchthrow (ballistischer Bankdrucktest) ist ein semi-spezifischer Test, bei dem die Athlet*innen in Rückenlage eine Langhantelstange von der Brust bis zur vollständigen Armstreckung nach oben ausstoßen. Dabei wird auf eine maximale Hantelgeschwindigkeit in der Bewegung abgezielt, was der Anforderung in den Wurf-/Stoßdisziplinen, möglichst hohe Abfluggeschwindigkeiten der Wurfgeräte zu generieren, gerecht werden soll. Derzeit werden beim Benchthrow mindestens drei, in der Regel vier Laststufen beginnend bei 15 kg getestet und je nach individuellem Vermögen bis zu maximal 105 kg gesteigert. Durch die Verwendung einer Multipresse, also einer geführten Hantelstange, wird der Benchthrow mit einer vergleichsweise geringen Bewegungsvariabilität durchgeführt und erlaubt in Verbindung mit dem 1080 Quantum Syncro eine sichere Ausführung und eine einfache Bestimmung der Hantelgeschwindigkeit. Aus den sich ergebenden Last-Geschwindigkeitsprofilen werden relevante Parameter berechnet: maximale theoretische Last (m0) als Ausdruck der Maximalkraft, maximale theoretische Geschwindigkeit (v0) als Ausdruck der Schnelligkeit, maximaler Impuls (pmax) als Ausdruck der muskulären Leistung.

Im Rahmen eines Projekts wurde die Reliabilität des Benchthrows untersucht und für die Disziplinen Diskuswerfen, Kugelstoßen und Speerwerfen der Zusammenhang zur Wurf-/Stoß-Leistung als Ausdruck der Validität bestimmt. Der BT weist eine ausgezeichnete relative Reliabilität (ICC (pmax) = 1,00) sowie eine ausgezeichnete absolute „intrasession“ Reliabilität (SEM% (pmax) = 1,72 % (Frauen), 1,62 % (Männer)) auf. Es finden sich überwiegend triviale Unterschiede zwischen den Profilparametern des besten und zweitbesten Versuchs je Laststufe, was auf eine hohe Zuverlässigkeit deutet (Wenzel et al., 2025).

Betrachtet man den Zusammenhang zwischen Testleistung (pmax) und Wettkampfleistung, zeigen sich signifikante mittlere bis starke Zusammenhänge in den Disziplinen Diskus (r = 0,65; p = 0.048), Kugel (r = 0,65; p = 0,024) und Speer (r = 0,78, p = 0,002) der Männer sowie Diskus (r = 0,79; p = 0,002) und Kugel (r = 0,65; p = 0,015) der Frauen (Wenzel et al., 2025). Beispielhaft sei an dieser Stelle der Zusammenhang zwischen der Testleistung (pmax) und der Wurfweite im Diskus der Frauen in einer Abbildung (Abb. 1) verdeutlicht.


Abb. 1: Zusammenhang zwischen der maximalen Leistung im Benchthrow und der Wurfweite im Diskus

Fazit

Für die Disziplinen Diskuswerfen und Kugelstoßen kann der BT als verlässlicher und valider Test angesehen werden, der in Verbindung mit entsprechenden Referenzwerten auch trainingsmethodische Ableitungen und Empfehlungen erlaubt. Außerdem können vergleichsweise kleine trainingsbedingte Veränderungen der muskulären Leistung erkannt werden. Demgegenüber sind die Ergebnisse im Speerwerfen zurzeit nicht konsistent und müssten für einen zielgerichteten und trainingssteuernden Einsatz in der Praxis weiter untersucht werden.

Vergleicht man die Testergebnisse zwischen Diskuswerfen und Kugelstoßen zeigen sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Disziplinen, jedoch zwischen den Geschlechtern. Die folgende Tabelle (Tab. 1) zeigt die entsprechenden Orientierungswerte und unterteilt jeweils fünf „Leistungskorridore“, die den Abständen von 20 % Perzentilen entsprechen.


Tab. 1: Orientierungswerte für Diskuswerfer und Kugelstoßer – getrennt für männlich und weiblich

 

Ordnet man die individuellen Testleistungen den jeweiligen Orientierungswerten zu, können Stärken oder Schwächen bzw. trainingsmethodische Reserven im Hinblick auf Kraft- und Schnelligkeitsvoraussetzungen abgeleitet werden, was wesentlich zur individualisierten Trainingssteuerung beitragen kann. Nicht zuletzt kann der BT in Kombination mit anderen Tests innerhalb komplexer Leistungsdiagnostiken zur weiteren Aufklärung der disziplin- bzw. sportartspezifischen Leistungsstruktur dienen.


Handlungsempfehlungen

Führe den Benchthrow in den Routinediagnostiken der Kugelstoßer*innen und Diskuswerfer*innen durch.

Interpretiere die Testergebnisse im Hinblick auf individuelle Leistungsentwicklungen. Nutze geschlechtsspezifische Orientierungswerte zur Einordnung und Bewertung der Testleistungen deiner Athlet*innen und zur Identifizierung individueller Stärken und Schwächen in Bezug auf Kraft- und Schnelligkeitsvoraussetzungen.

Nutze den BT, um die Leistungsstruktur und das Anforderungsprofil in den Disziplinen Diskuswerfen und Kugelstoßen zu präzisieren.

Literatur
  1. Morin, J. B., & Samozino, P. (2016). Interpreting Power-Force-Velocity Profiles for Individualized and Specific Training. Int J Sports Physiol Perform, 11(2), 267-272. https://doi.org/10.1123/ijspp.2015-0638
  2. Wenzel, U., Langen, G., Schleichardt, A. Deckert, J. (2024). Projektendbericht. Testentwicklung zur muskulären Leistung der oberen Extremität. Leipzig: IAT.
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