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Körpersignale richtig deuten - Warum sollte im Höhentraining ein Monitoring von physiologischen und subjektiven Parametern erfolgen?

Autor: Björn Sterzing
Stand: 2022
Hintergrund

Um die individuellen Effekte eines Höhentrainings differenziert zu analysieren bzw. um mögliche Fehler zu erkennen, ist ein systematisches Monitoring von physiologischen Basiswerten sowie von Soll-Ist-Zuständen des geplanten Trainings von entscheidender Bedeutung. Typische Sportlerfragen wie: „Warum sind meine Ruheherzfrequenzen im Höhentraining anfangs erhöht?“ oder „Warum muss ich bei leichten Belastungen in den ersten Tagen des Höhentrainings deutlich mehr atmen?“ bzw. „Warum wird nach den Trainingseinheiten eine verlängerte Regenerationszeit eingeplant?“, lassen sich mit Hilfe eines kontinuierlichen Monitorings oftmals am besten beantworten. Die Bedeutung und die entsprechende Vermittlung von fundierten Antworten ist durch didaktische und pädagogische Maßnahmen von Trainern oder Betreuern im Umfeld des Athleten zu platzieren. Ein solches Vorgehen gewährleistet, dass ein optimales Verhalten im Höhentraining, besonders bei höhen-unerfahrenen Athleten erlernt werden kann. 


Antwort

Monitoring im Höhentraining

Das zeitweilige Leben und Trainieren auf 1500 bis 3000 m ü. M. stellt im Ausdauersport auf Hochleistungsebene immer wieder einen besonderen Trainingsreiz dar. Eine zentrale Einflussgröße ist dabei der reduzierte Sauerstoffpartialdruck, der eine Reduktion des Sauerstoffgehalts des Blutes bewirkt. Um die Auswirkung dieser physikalischen Gesetzmäßigkeit zu kontrollieren, ist es ratsam, die arterielle Sauerstoffsättigung (SaO2 oder SpO2 in %) des Blutes zu bestimmen. Sie sagt aus, zu wie viel Prozent das vorhandene Hämoglobin aktuell mit Sauerstoff gesättigt werden kann und ist somit eine der entscheidendsten Variablen, die die Leistungsfähigkeit und die Anpassung in der Höhe beeinflussen. 
Der Hauptzweck des Monitoring-Prozesses besteht darin, sicherzustellen, dass sich der Körper kontinuierlich an den (Höhen-)Trainingsreiz anpasst, dass die Trainingsbelastung für den Einzelnen trotzdem angemessen ist und mögliche Warnsignale einer Überbeanspruchung oder einer Unterforderung erkannt werden können. Die Bewertung der Leistung stellt dabei eine der klassischen und weitverbreitetsten Maßnahmen dar. Eine besonders hilfreiche Ergänzung besteht jedoch darin, die Höhenanpassung und die Erholungsfähigkeit des Athleten in Kombination mit dem Trainingszustand zu überwachen und aus einem multidimensionalen Blickwinkel zu analysieren (trainingswissenschaftlich, physiologisch, psychometrisch). Hierbei helfen einfache physiologische Monitoring-Parameter wie z. B. die Ruheherzfrequenz (RHF), die Ruhe-Sauerstoffsättigung oder die Ausprägung der belastungsbedingten Entsättigung des Blutes, also der Abfall der Sauerstoffsättigung unmittelbar nach dem Training (siehe Abb.1). Weiterhin kann eine visuelle Aufbereitung der Daten dabei helfen ein adäquates Verhältnis zwischen den Trainingseinheiten und der Erholung sicherzustellen bzw. sichtbar zu machen.
Die Erfassung der SaO2 bzw. SpO2 in % ist mittels Pulsoximeter-Fingerclip leicht durchzuführen und kann Aufschluss über die aktuelle hämatologische Reaktion eines Athleten auf die Höhe geben. Im Längsschnitt ist sie als Akklimatisationsparameter anerkannt. Zusätzlich kann der Grad der Entsättigung des Blutes unmittelbar nach dem Training bestimmt und ebenfalls im Verlauf des Höhentrainings betrachtet werden. Die SpO2 in der Höhe aufrecht zu erhalten, steht dabei in engem Zusammenhang mit der Aufrechterhaltung sowohl der VO2max als auch der Leistungsfähigkeit.
 


Abb.1: Monitoring von Ruheherzfrequenz (Ruhe-HF), Ruhe-Sauerstoffsättigung (Ruhe-SpO2) sowie Sauerstoffsättigung nach der Trainingseinheit (SpO2 nach TE) einer Athletin während eines Höhentrainingslagers

Abb. 2 Subjektive Einschätzung der Trainingseinheit

Den wohl bekanntesten, nicht-invasiven Monitoring Parameter im Höhentraining stellt die Ruheherzfrequenz dar. Es empfiehlt sich, die morgendliche Messung der RHF während des gesamten Trainingslagers durchzuführen und den Verlauf der RHF als Zeichen für eine potenziell positive oder negative Anpassung heran zu ziehen. 

Darüber hinaus gilt die RHF als sensitiver Marker, der zwar diversen Einflussfaktoren unterliegt, aber dennoch Potential hat, individuelle Informationen über Stressoren zu liefern, die sich nicht allein auf den Akklimatisationsprozess beziehen müssen. So kann eine überdurchschnittliche Erhöhung der RHF auf ein Problem im Gesundheits- oder Regenerationszustand oder auf eine funktionelle Überbeanspruchung oder gar Übertraining des Athleten hindeuten.

Die Aussagekraft dieses Wertes kann weiter erhöht werden, wenn zusätzliche Parameter über subjektive Bewertungen wie z. B. die Erholungs- und Beanspruchungsverhältnisse mittels KEB-Fragebogen oder Session-RPE Bewertungen, in die Interpretation einfließen. Vor allem gilt die Empfehlung, dass mit möglichst geringem Aufwand und schnell zu erfassende aber dennoch wissenschaftlich vertrauenswürdige Daten generiert werden können.


Handlungsempfehlungen

Bereits 3-5 Tage vor Beginn des Höhentrainingslagers sollten Werte wie Ruheherzfrequenz, Sauerstoffsättigung, Körpergewicht oder Schlafqualität erfasst werden um Vergleichswerte aus dem alltäglichen Trainingsumfeld einbeziehen zu können.

Bei einem normalen arteriellen Sauerstoffpartialdruck beträgt die Sauerstoffsättigung in Ruhe ca. 97 % (Normalwerte für Gesunde 95-99 %). Diese Bereiche sind gleichermaßen für Hochleistungssportler anzustreben.

Die Messgeräte werden Pulsoximeter genannt und messen bereits nach wenigen Sekunden die Sauerstoffsättigung und die Herzfrequenz über einen Fingerclip am Zeigefinger. Mögliche Fehlerquellen der Messung können z. B. eine Minderdurchblutung der Haut aufgrund von kalten Händen oder lackierte bzw. künstliche Fingernägel sein.

Die Ruheherzfrequenz sollte morgens nach dem Aufwachen, noch im Bett liegend gemessen werden. Athleten, die generell niedrige Ruheherzfrequenzen aufweisen, sollten diese morgens über 30-60 s erfassen.

Berechnungen zum Trainingsload sind geeignet um mit subjektiven Faktoren (z. B. Session-RPE) und objektiven Faktoren (z. B. Trainingsintensität und -dauer pro Einheit) die individuelle Beanspruchung abzubilden bzw. zu verdeutlichen.

Zusätzliche Erkenntnisse bietet die Erfassung von psychometrischen Parametern über das Erholungs- und Beanspruchungsmonitoring (AEB & KEB) von Kellmann et al. bzw. das Monitoring der Schlafqualität.

Literatur
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