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Ist es sinnvoll, gezielt die Ausdauer mit Kindern zu trainieren?

Autor: Thomas Dreißigacker
Hintergrund

Die Ausdauer ist die Fähigkeit, eine Dauerbelastung möglichst lange durchzuhalten und stellt die Basis für eine möglichst schnelle Wiederherstellung nach Belastungen dar. In der Wissenschaft wird sie auch als Widerstandsfähigkeit gegen Ermüdung beschrieben.

Die Ausdauerleistungsfähigkeit wird maßgeblich durch die aeroben und anaeroben energieliefernden Prozesse im Körper beeinflusst. Auch wenn bei den meisten sportlichen Belastungen eine Kombination aus diesen beiden Formen auftritt, sollte man beim Training zwischen primär aerober und anaerober Ausrichtung unterscheiden, um zielgerichtet Leistungsvoraussetzungen zu entwickeln. Wird in der Trainingspraxis über Ausdauer gesprochen, ist in der Regel die aerobe Ausdauer gemeint. Die maximale Sauerstoffaufnahme gilt als Kriterium zur Beurteilung des aeroben Ausdauerleistungsvermögens. Darüber hinaus wird zur Überprüfung der Trainingswirkung die Leistung an einer definierten submaximalen Stoffwechsellage (häufig fixe Schwelle bei Geschwindigkeit Laktat oder individuelle Schwelle) herangezogen.

Oft wird im Kindes- und Jugendalter der Trainingsfokus mehr auf die Entwicklung der Koordination, Schnelligkeit und Technik gelegt als auf die Verbesserung der Ausdauerfähigkeit. Nachwuchstrainer vertreten häufig die Meinung: „Ausdauer kann man auch später noch entwickeln.“


Antwort

Tab. 1: Trainingsempfehlungen

Da für manche Sportarten eine langfristige Entwicklung der aeroben Ausdauer notwendig ist, kann man diese plakative Aussage allerdings nicht für alle Sportarten zur Anwendung bringen, sondern es stellt sich in der Trainingspraxis viel mehr die Frage, ob es im Kindes- und Jugendalter überhaupt schon möglich ist, die aerobe Ausdauer zu entwickeln.

Die Frage der Trainierbarkeit ist mittlerweile längst durch die Sportwirklichkeit entschieden. Es würde keinen Sinn ergeben, wenn Kinder in einer typischen Ausdauersportart wie Schwimmen oder Triathlon ein stundenlanges Training durchführen, ohne dass es zu einem organischen Trainingseffekt kommt. Viele wissenschaftliche Studien zeigen, dass die Ausdauer gemessen an der relativen und maximalen Sauerstoffaufnahme im Kindes- und Jugendalter entwickelt werden kann. Bei sporttreibenden Kindern und Jugendlichen lassen sich außerdem bereits organische Veränderung des Herzens in Folge sportlichen Trainings nachweisen.


Im Trainingsprozess muss man im Sinne des langfristigen Leistungsaufbaus allerdings sportartspezifisch entscheiden, ob und wieviel Ausdauertraining im Kindes- und Jugendalter notwendig ist. Klassische Ausdauersportarten wie Triathlon oder Skilanglauf müssen anders betrachtet werden als leichtathletische Mittelstreckendisziplinen oder Spielsportarten, in denen die Ausdauer in der Leistungsstruktur nur eine der prägenden Leistungsvoraussetzungen ist. Für diese Sportarten gilt weiterhin, dass in der langfristigen Entwicklung von Kindern und Jugendlichen im Grundlagentraining ein entscheidender Trainingsanteil im Koordinations-, Technik- und Schnelligkeitstraining erfolgen sollte. Allerdings heißt das nicht, dass sich aerobes Ausdauertraining negativ auf die langfristige Entwicklung auswirkt. Anstatt der Formel „Ausdauer kann man auch noch später entwickeln!“ gilt eher „Eine gute Mischung machts!“.

Es ist nicht erforderlich, Kinder und Jugendliche vom Ausdauertraining abzuraten, da Ausdauer auch bereits in diesem Alter gut trainierbar ist, allerdings sollte man die langfristige Leistungsentwicklung im Blick haben und die Ausdauer nicht im gleichen Maße trainieren wie mit Erwachsenen.


Handlungsempfehlungen

Kindertraining sollte niemals ein reduziertes oder nur leicht abgeschwächtes Erwachsenentraining sein, sondern viel mehr auf die Zielstellungen und Bedürfnisse des Altersabschnitts angepasst werden.

Die Frage wieviel und welches Ausdauertraining notwendig ist, muss sportartspezifisch beantwortet werden. Es ist abhängig von der Leistungsstruktur der Sportart und dem für die jeweilige Sportart typischen Höchstleistungsalter. Auch in primär ausdauerdeterminierten Sportarten sollte im Kindes- und Jugendalter auf ein zielgerichtetes Koordinations-, Technik- und Schnelligkeitstraining geachtet werden.

Die Qualität der sportlichen Technik bestimmt die Belastungsdauer der Teilabschnitte. Nur wenn sie stabil ist, kann die Belastungsdauer verlängert werden.

Die Trainingsintensität ist bei Kindern für eine positive Entwicklung oftmals zu gering. Kinder müssen im Vergleich zu Erwachsenen für die Entwicklung der aeroben Ausdauer mit höherer Intensität (85-90 % der maximalen Herzfrequenz) belastet werden.

Ausdauertraining kann vor allem im Kindesalter, aber zum Teil auch im Jugendalter, mit vielen spielerischen Trainingsmitteln entwickelt werden.

Staffelspielformen mit kürzeren Teilstrecken, aber vielen Wiederholungen eignen sich besonders bei Kindern gut, vor allem in Kombination mit Koordinations- und Technikaufgaben.

Das gezielte Training der anaeroben Ausdauer ist Jugendlichen (nach der Pubertät) und Erwachsenen vorbehalten, da dieser Stoffwechselprozess bei Kindern noch nicht vollständig ausgereift ist.

Literatur
  1. Armstrong, N. & McNarry M. (2016). Aerobic fitness and trainability in healthy youth: Gaps in our knowledge. Pediatric Exercise Science. doi: 10.1123/pes.2016-0004.
  2. Ratel, S. & Blazevich, A. J. (2017). Are prepubertal children metabolically comparable to well-trained adult endurance athletes? Sports Medicine. doi:10.1007/s40279-016-0671-1.
  3. Rost, R. (1998). Leistungsfähigkeit und Trainierbarkeit des Herz-Kreislaufsystems im Kindes- und Jugendalter. Monatsschreiben Kinderheilkunde, 7 (146), 702-711.
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