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Erfolgreicher Junior = Olympionik? Wie wichtig sind Wettkampferfolge im Jugend- und Juniorenalter?

Autor: Juliane Wulff
Stand: 2017
Hintergrund

Die Auswahl für die Kaderstufen in Deutschland und damit verbundenen Fördermaßnahmen wie Bundeswehrstellen, OSP Betreuung oder Lehrgangsmaßnahmen basiert in fast allen Sportarten hauptsächlich auf Wettkampfleistungen. Das bedeutet, nur Athleten, die bestimmte Platzierungen in nationalen und internationalen Wettkämpfen erreichen, werden nominiert. Analysen haben gezeigt, dass eine Vielzahl von berühmten und sehr erfolgreichen Spitzensportlern in unterschiedlichsten Sportarten im Juniorenalter nicht erfolgreich war, sondern erst später auffällig wurde. Die Gründe dafür können sehr unterschiedlich sein. Michael Jordan hatte mit Wachstumsverzögerungen zu kämpfen, Miroslav Klose war in der Jugend einfach nicht im richtigen Verein und Gunda Niemann hatte sich zunächst für eine andere Sportart entschieden. Und trotzdem haben sie es in ihrer Sportart an die absolute Weltspitze geschafft. Im Gegensatz dazu kennen wir alle auch viele Athleten, die trotz sehr guter Leistungen im Juniorenalter den Sprung an die Weltspitze verpasst haben. In vielen Sportarten gibt es sowohl frühzeitig erfolgreiche Athleten als auch Spätzünder, denen man den ganz großen Wurf schon gar nicht mehr zugetraut hat. Wie wichtig ist der Erfolg im Nachwuchsleistungssport denn nun?


Antwort

Diese Frage lässt sich nicht eindeutig beantworten, viel mehr muss der Zusammenhang zwischen Junioren und Spitzenleistungen sportartspezifisch und auch je nach Alterskategorie beantwortet werden.

Alleinig auf der Grundlage eines Wettkampfergebnisses ein Urteil über das Potenzial eines Athleten zu fällen, ist nicht zulässig. Es ist wichtig, mehr über ihn zu erfahren: Wie lange trainiert er schon und wie gut sind seine Leistungsvoraussetzungen im Verhältnis zur Wettkampfleistung ausgeprägt? Liegen seine Schwächen eher in durch Training veränderbaren Fähigkeiten? Ist er bereit, an sich zu arbeiten und hat er gute Rahmenbedingungen dafür? Erst wenn diese Fragen beantwortet sind, kann man besser einschätzen, ob ein Athlet Potenzial für Spitzenleistungen hat. Je näher sich ein Athlet altersmäßig am Hochleistungsalter befindet, desto besser muss die Wettkampfleistung sein. Hat er noch mehrere Jahre Zeit, ist eine Prognose äußerst schwierig und die Förderung sollte breiter über viele Athleten erfolgen. Die Analyse in verschiedenen Sportarten zeigte dieses Phänomen. In Sportarten wie Wasserspringen oder Turnen, in denen das Hochleistungsalter schon sehr früh beginnt, haben die Wettkampferfolge im Juniorenalter schon größere Aussagekraft, in ausdauer- oder kraftdominierten Sportarten eher weniger.

Ziel im Nachwuchstraining ist es, die Voraussetzung für spätere Spitzenleistungen zu schaffen. Deshalb sollten vor allem Fähigkeiten, die sich in fortgeschrittenem Alter nicht mehr so effektiv trainieren lassen, wie die Schnelligkeit oder die koordinativen Fähigkeiten, gut entwickelt sein.

Wettkampferfolge im Nachwuchsleistungssport sollten das Ergebnis optimal ausgeprägter Leistungsvoraussetzungen sein und sind nicht um jeden Preis in den Vordergrund zu rücken. Aus motivationaler Sicht sind allerdings Erfolgserlebnisse enorm wichtig. Deshalb sollte die Überprüfung der Leistungsvoraussetzungen in ein altersgerechtes Wettkampfsystem integriert sein.


Abb. 1: Anteil der JWM Teilnehmer in der Weltspitze

Handlungsempfehlungen

Teste relevante Leistungsvoraussetzungen Deiner Athleten regelmäßig (mind. 2 x pro Jahr) und kontinuierlich.

Dokumentiere die Ergebnisse und erstelle Stärken-Schwächen-Profile und Entwicklungsverläufe.

Beurteile nicht einzelne Faktoren oder die Wettkampfleistung isoliert, sondern behalte das Zusammenspiel und das absolvierte Training im Blick.

Testergebnisse sind nur Momentaufnahmen, erst die Betrachtung der individuellen Entwicklung lässt zuverlässigere Aussagen über das Potenzial zu.

Literatur
  1. Buekers, M., Borry, P. & Rowe, P. (2015). Talent in sports. Some reflections about the search for future champions. Movement & Sport Sciences - Science & Motricité, 88 , 3-12. doi: 10.1051/sm/2014002
  2. Wulff, J., Moeller, T., Hoffmann, A. & Bussweiler, J. (2013). Eignen sich Wettkampferfolge als Talentkriterien? Leistungssport, 43 (5), 30-35.
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