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Adolescent awkwardness – was muss ich beim Training mit pubertierenden Jugendlichen beachten?

Autor: Jan Eisenbraun
Stand: 03/2025
Hintergrund

Was ist Adolescent Awkwardness eigentlich?

Adolescent awkwardness oder auch pubertäre Ungeschicklichkeit beschreibt eine Phase in der Pubertät, in der Jugendliche Veränderungen in ihrer motorischen Kontrolle und Bewegungskoordination erleben. Während dieser Zeit können sie Schwierigkeiten haben, ihre Bewegungen effizient zu steuern und eine stabile Körperhaltung aufrechtzuerhalten. Typische Merkmale dafür sind:

  • Koordinationsprobleme: Bewegungen wirken ungeschickt oder unharmonisch.
  • Wachstumsschübe: Gliedmaßen wachsen schneller als der Rest des Körpers, was zu veränderten Proportionen führt und das Körpergefühl vorübergehend stören kann.
  • Unsicherheit: Jugendliche fühlen sich in ihrem eigenen Körper nicht mehr so sicher wie zuvor.
  • Verändertes Gleichgewicht: Das Körpergewicht und die Lage des Schwerpunkts verändern sich, was zu vermehrtem Stolpern oder unsicheren Bewegungen führt.

Dieser Zustand ist normal und vorübergehend – das zentrale Nervensystem passt sich nach einiger Zeit an, und die Koordination verbessert sich wieder. In dieser Phase erhöht sich das Verletzungsrisiko der Sportler*innen und es kann zu einer Stagnation oder gar einem Rückgang der sportlichen Leistungen kommen.
Ein gezieltes Koordinationstraining und propriozeptive Übungen können helfen, diese Phase schneller zu überwinden [1, 2].   

⇩ Bewegungskoordination ⇩ Gleichgewicht ⇩

⇧  Verletzungsrisiko ⇧


Antwort

Wie sollte ich mein Training für diese Altersgruppe gestalten?


Abb. 1: Trainingsgestaltung für Jugendliche in der Phase der pubertären Ungeschicklichkeit

Handlungsempfehlungen

Gute Bewegungsausbildung vor der Pubertät fördern: Je besser vielseitige Bewegungsmuster vor dem Eintritt in die Phase der Adolescent Awkwardness ausgebildet sind, desto leichter kann das Wiedererlernen fallen. Lege deshalb bereits in den jüngeren Altersklassen den Fokus auf eine vielseitige und qualitativ hochwertige Bewegungsausbildung.

Regelmäßiges Dokumentieren der anthropometrischen Daten: Dokumentiere ca. alle drei Monate die anthropometrischen Daten deiner Trainingsgruppe, um den Verlauf der Wachstumsphase zu beobachten und das Training darauf anzupassen. Gehe sensibel mit diesen Daten um und erkläre den Sportler*innen, warum diese erhoben werden. 

Anpassung an die Entwicklungsstufe und individuellen Bedürfnisse: Passe dein Training an die Entwicklungsstufe der Jugendlichen an. In einer heterogenen Trainingsgruppe kann es notwendig sein, die Sportler*innen in Kleingruppen aufzuteilen, um die Trainingsinhalte auf ihren individuellen Entwicklungsstand und Bedürfnisse anzupassen.

Förderung von Bewegungsvielfalt: Gestalte dein Training abwechslungsreich und vielfältig. Motiviere deine Sportler*innen verschiedenste Bewegungen auszuprobieren und durchzuführen, auch wenn diese möglicherweise Schwierigkeiten bereiten. Achte dabei stets auf eine korrekte Technik.

Schulung von Propriozeption und Gleichgewicht: Nutze wacklige Untergründe und Balancieraufgaben zur Verbesserung der Propriozeption und des Gleichgewichts, da diese entscheidend für eine gute Bewegungskoordination sind.

Integration von visuellem Feedback: Lass die Jugendlichen sich bei den Bewegungen filmen oder diese vor einem Spiegel ausführen, um ihnen so ein visuelles Feedback zu geben. Dies kann den Sportler*innen dabei helfen, ein besseres Gefühl für ihren Körper zu bekommen und so ihre Bewegungsausführung zu verbessern.

Vermeide Belastungsspitzen: Gerade in der Phase des maximalen Wachstumsschubs sind Jugendliche besonders verletzungsanfällig. Gestalte dein Training deshalb ohne hohe Sprint- und Sprungbelastungen, sondern greife auf kontrollierte Bewegungen zurück und lege ein erhöhtes Augenmerk auf die korrekte Bewegungsausführung.
 

Literatur
  1. Wachholz, F., Tiribello, F., Mohr, M., van Andel, S., & Federolf, P. (2020). Adolescent Awkwardness: Alterations in Temporal Control Characteristics of Posture with Maturation and the Relation to Movement Exploration. Brain sciences, 10(4), 216. https://doi.org/10.3390/brainsci10040216
  2. McKay, D., Broderick, C. & Steinbeck, K. (2016). The Adolescent Athlete: A Developmental Approach to Injury Risk. Pediatric exercise science, 28 (4), 488-500. doi:10.1123/pes.2016-0021
  3. Neubauer, M. & Nehrer, S. (2021). Apophysenschäden im Sport. Der Orthopade, 50 (2), 163-171. doi:10.1007/s00132-021-04074-z
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