Was Schule mit ergebnisorientierten Kommunikationsstrukturen leisten kann – Best Practice des Schul- und Leistungssportzentrums Berlin
Stand: 2022
Das Schul- und Leistungssportzentrum Berlin (SLZB) mit ca. 1 100 Schüler*innen ist eine von 43 Eliteschulen des Sports in Deutschland. Das SLZB hat sich zum Ziel gesetzt, mit ergebnisorientierten Kommunikationsstrukturen die Schüler*innen auf dem Weg in den Spitzensport optimal in ihrer sportlichen und schulischen Laufbahn zu unterstützen. Grundlage dieses Vorhabens ist, dass stets alle Beteiligten aus dem Umfeld der Schüler*innen aus Schule und Sport an den verschiedenen Planungen durch die Schule beteiligt werden. Dies geschieht in Form einer Beteiligung an der allgemeinen Stundenplanung bis hin zur Teilnahme an individuellen Gesprächen mit Schüler*innen, wenn individuelle Lösungen für diese gefunden werden müssen. Das kann notwendig werden, wenn Schüler*innen aufgrund von Wettkampfhöhepunkten längere Zeit nicht am Unterricht teilnehmen können und dennoch die Unterrichtsinhalte zeitnah lernen müssen. Dabei hat jedes Gespräch ein konkretes Ergebnis mit weiterem Vorgehen zum Ziel, welches bereits im Vorfeld oder mit allen Beteiligten definiert wird.
Endesfelder, K. (2022). Kooperation von Schule und Sport an der Eliteschule des Sports; Konferenzbeitrag im Rahmen des Nachwuchsleistungssport-Symposium 2022, vom 9-11.Mai in Leipzig
Zur Studie
Suche als beteiligte Person im Leistungssportsystem stets eine klare Kommunikation mit den Entscheidungsträger*innen. So können alle Themen angesprochen und im Sinne der Sportler*innen geklärt werden.
Versuche, die Perspektiven und Standpunkte von weiteren Handelnden zu verstehen, um so konstruktiv eine gemeinsame Lösung zu fokussieren.
Versuche stets, die gemeinsamen Ziele im Sinne eines Sportlers oder einer Sportlerin im Blick zu haben und diese zu verfolgen sowie gemeinsame mögliche Herausforderungen zu meistern.
Habe stets ein Interesse für die Aufgaben und Herausforderungen der weiteren Handelnden im Sportsystem.
Schüler*innen, die Eliteschulen des Sports (EdS) besuchen, streben eine leistungssportliche Karriere an und benötigen dazu eine besondere Flexibilität der Schule während dieser Zeit. Gleichzeitig haben sie ihr persönliches Umfeld aus Familie und Freunden, welche sie regelmäßig sehen und besuchen möchten. Sowohl Schule und Sport als auch Familie und Freunden gerecht zu werden, stellt für die Schüler*innen ein echtes Spannungsfeld dar. Dieses Spannungsfeld spiegelt sich auch in den Ressourcen aus Motivation, Zeit und mehr oder weniger sportartenabhängig Finanzen wieder. Ziel des SLZB ist es, die Schüler*innen in diesem Spannungsfeld optimal zu unterstützen und zu schützen, damit sie sich optimal auf die verschiedenen Aufgaben und Herausforderungen konzentrieren können. Ein Teil des Schutzschilds sind ergebnisorientierte Kommunikationsstrukturen mit den Schüler*innen und allen weiteren Beteiligten. Diese Kommunikationsstrukturen werden in der Folge von allgemeinen Planungen zu individuellen Gesprächen vorgestellt.
Stundenplangestaltung
Die Stundenplangestalter*innen des SLZB haben zum Ziel, den Leistungssport sowie den Unterricht gut zu koordinieren. Im Fokus ist dabei auch, genügend Pausen einzuplanen, um Schüler*innen nicht zu überlasten und unnötigen Stress zu vermeiden. So werden im Stundenplan auch Essen- und Wegezeiten zu Sportstätten eingeplant.
An der Planung sind neben der Schulleitung bzw. den Stundenplaner*innen auch die verschiedenen sportlichen Verantwortlichen beteiligt. Diese sind die Bundesstützpunktleitung (BSP-Leiter) der jeweiligen Sportart, der Trainerstab der jeweiligen Schüler*innen sowie die Sportkoordinator*innen. Damit alle Anforderungen und Wünsche zu Trainingszeiten berücksichtigt werden können, beginnt die Stundenplanung für das neue Schuljahr bereits im März und für jede Sportart individuell. So erhalten im März und April alle verantwortlichen Trainer*innen und die BSP-Leitung jeder Sportart die möglichen Stundenpläne ab Sommer und können auf dieser Basis die angedachten Trainingszeiten bestätigen oder verschieben. Die Wünsche zu den Trainingszeiten werden zurück an den Sportkoordinator oder die Sportkoordinatorin des SLZB gemeldet, welche*r auf dieser Basis den Stundenplan finalisiert. Mit klaren Aufgaben und einem strukturierten Prozess werden die verschiedenen Personen an der Stundenplanung beteiligt. In diesem Zug werden auch in jeder Klasse, sofern möglich und durch den Klassenlehrer oder die Klassenlehrerin erfragt, 1-2 Unterrichtsstunden pro Woche zur besonderen Verfügung eingeplant. Diese können von den Klassenlehrer*innen individuell für akute Themen und Gespräche genutzt werden. Der erstellte Plan wird dann vor den Sommerferien erneut an die beschriebene Personengruppe zur Bestätigung versendet. In Einzelfällen durch größere Veränderungen in der sportlichen Konstellation oder in neuen Verantwortlichkeiten kann der Stundenplan kurzfristig noch mal verändert werden. Der Stundenplangestaltung schließt sich zu Beginn des neuen Schuljahres die Sportartenkonferenz an.
Sportartenkonferenzen
Die Sportartenkonferenz ist die Zusammenkunft aller Lehrer*innen, Trainer*innen, Tutor*innen, BSP-Leiter*innen, Vertreter*innen der Schulleitung aus einer Sportart. Dieses Treffen findet in den ersten 2-3 Wochen nach den Sommerferien, während einer Unterrichtsstunde während des laufenden Unterrichttags, statt. Für jede Sportart findet eine eigene Sportartenkonferenz statt, d. h., bei 22 Sportarten 22 Sportartenkonferenzen. Ziel der Sportartenkonferenzen ist das gegenseitige Kennenlernen von Trainer*innen, Lehrer*innen und den weiteren Beteiligten. Es finden Absprachen zu Wettkampfhöhepunkten und Prüfungsphasen in der Schule statt. Dazu wird in der Regel über einen weiteren im Vorfeld bekannten Themenschwerpunkt gesprochen. Alle Beteiligten erfahren so etwas über die Arbeit der weiteren Mitwirkenden im System. Die Erfahrung hat gezeigt, dass u. a. auf diesem Weg Interesse und Verständnis untereinander entsteht und alle versuchen, sich gegenseitig im Rahmen der Möglichkeiten zu unterstützen. Zudem wird ein regelmäßiger Austausch gefördert, der weiteres Verständnis schafft. Die Konferenz an sich läuft immer gleich ab. Sie beginnt mit einer kurzen Vorstellung aller, gefolgt von einem kurzen Abgleich aller Terminpläne und der Erstellung einer Kontaktliste. Im Folgenden werden die weiteren Punkte besprochen, ehe Lehrer*innen und Trainer*innen Zeit für individuelle Absprachen auch zu einzelnen Athlet*innen haben. Ein mögliches Thema kann zusätzlicher Unterricht aufgrund langer Fehlzeiten sein.
Förderunterricht und Planungskonferenzen
Bei Förderunterricht handelt es sich um zusätzlichem Unterricht für einzelne Schüler*innen, um Fehlzeiten und verpasste Unterrichtsinhalte aus trainings- und wettkampfintensiven Zeiten zu kompensieren. Ziel des Förderunterrichts ist die Chancengleichheit aller Leistungssportler*innen in der schulischen Laufbahn. So sind an der Planung dieses zusätzlichen Unterrichts Schüler*innen, Klassenleitung, Fachlehrer*innen und Trainer*innen beteiligt. Durch die gemeinsame Planung des zusätzlichen Unterrichts und das damit verbundene transparente Handeln entsteht ein gemeinsamer Konsens im Sinne der Schüler*innen. Zudem erarbeiten alle beteiligten Personen einen gemeinsamen Plan, bekennen sich zu einer gemeinsamen Umsetzung und können ihren Schützling darin optimal unterstützen und motivieren. Sowohl Lehrer*innen als auch Trainer*innen können Förderunterricht beantragen. Die Initiative kann beispielsweise durch einen Trainer oder eine Trainerin ergriffen werden, wenn ein Schüler oder eine Schülerin im Training äußert, dass ihm*ihr ein Fach aktuell „schwerfällt“.
Insgesamt gibt es drei Möglichkeiten, warum zusätzlicher Unterricht stattfinden kann. Die erste Möglichkeit ist, dass Schüler*innen mögliche Defizite aufholen können. Eine weitere Möglichkeit ist der zusätzliche Unterricht auf Wunsch des Schülers oder der Schülerin, wie im Beispiel beschrieben. Die dritte Möglichkeit ist, dass durch sportliche Belastungen und durch hohe Fehlzeiten aufgrund von Wettkämpfen viel Unterricht verpasst wird. Um den zusätzlichen Unterricht für alle abzubilden, wird der Stundenplan alle zwei Wochen mit den Anpassungen neu veröffentlicht.
Wird der Förderunterricht aufgrund der hohen sportlichen Belastungen und hohen Fehlzeiten notwendig, findet in der Regel eine Förderkonferenz mit Trainer*in, Sportkoordinator*in und Schüler*in statt. In dieser wird gemeinsam besprochen, wie die Unterrichtsinhalte aufgeholt werden können. Außerdem kann bei Kadersportler*innen im Falle von Höchstbelastungen, beispielsweise durch die Teilnahme an einer JWM, eine Planungskonferenz durch den BSP-Leiter mit dem Sportkoordinator bzw. der Sportkoordinatorin einberufen werden. In der Planungskonferenz wird die aktuelle Stundenplanung angeschaut und die sportlichen Belastungen sowie der Zeitraum, um den es sich handelt, besprochen und abgeglichen. Die betroffenen Schüler*innen zeigen selbst auf, an welchen Stellen sie Unterstützung brauchen. Gemeinsam wird ein Konzept von Förderunterricht und gegebenenfalls Einzelunterricht zur optimalen Unterstützung der Schüler*innen geplant und festlegt. So wird durch das gemeinsame Handeln eine optimale Unterstützung für den Schüler oder die Schülerin in einer belastungsintensiven Zeit möglich.
Perspektivgespräche
Ein weiteres Tool der zielgerichteten Kommunikation sind die Perspektivgespräche. In diesen Gesprächen analysieren Schüler*innen mit Trainer*innen, Lehrer*innen und Eltern den Leistungsstand des Schüllers bzw. der Schülerin. Gemeinsam werden die Entwicklungsmöglichkeiten in der schulischen und sportlichen Laufbahn besprochen und Vorschläge zur Unterstützung aufgezeigt. Die 15-minütigen Gespräche finden ein- bis zweimal jährlich für jeden Schüler bzw. jede Schülerin individuell statt. Dazu bereiten sich alle Beteiligten inhaltlich vor. Dies geschieht durch das Ausfüllen einer Leistungsanalyse durch jede Partei, welche vor dem Gespräch allen Teilnehmenden zur Verfügung gestellt wird. So ist der Sachstand bereits im Vorfeld des Gesprächs dargelegt und die weitere Entwicklung kann final besprochen werden. In erster Linie stellt der Schüler oder die Schülerin seinen bzw. ihren weiter angestrebten Karriereverlauf dar und diesem wird in der Regel gefolgt. Gleichzeitig erfährt der Schüler oder die Schülerin auch, wie er*sie von seinen bzw. ihren Trainer*innen und Lehrer*innen eingeschätzt wird und wo mögliche Verbesserungspotenziale liegen. Auch die Eltern erhalten durch dieses transparente Handeln eine Einschätzung über ihr Kind.