Doch es war ein langer, schwerer Kampf für das deutsche Team, bis diese Erfolge errungen werden konnten. Unterstützt bei der Trainingssteuerung hat das Institut für Angewandte Trainingswissenschaft (IAT). Der Fachgruppenleiter Skilanglauf am IAT, Dr. Axel Schürer, erklärt die Erfolge unter anderem mit einem intensiv genutzten Trainer-Sportler-Berater-System in den vergangenen Jahren. „Wir haben in den letzten Jahren eine sehr stringente Linie bezüglich Trainingsdatendokumentation umgesetzt, damit wir wirklich einen Überblick haben, was trainiert wird“, sagt Dr. Schürer. Auch die Planungsdaten wurden dokumentiert, damit ein Vergleich zwischen „Ist“ und „Soll“ möglich war. „Da gab es im Verband eine hohe Compliance.“ So war es möglich, das Training engmaschig zu analysieren und gegebenenfalls entsprechend zu reagieren. „Wir haben akribisch Trainingsdaten und Ergebnisse der Leistungsdiagnostiken ausgewertet und überprüft, ob der vorgenommene Belastungsrhythmus umgesetzt wurde. Somit konnten wir sicherstellen, ob wir methodisch auf dem richtigen Weg sind und mit Trainern und Sportlern den Fahrplan für den nächsten Trainingsabschnitt festlegen.“ Dieser Prozess wurde von Jahr zu Jahr besser und alle beteiligten Personen konnten auf diesem Weg aus Fehlern ihre Lehren ziehen und dazu lernen.
Im Olympia-Jahr beste Umsetzung von „Soll“ und „Ist“ gelungen
Als Beispiel hatte die derzeit beste Deutsche, Katharina Hennig, in der vorolympischen Saison zur Leistungsdiagnostik im September alle Bestwerte getoppt, die es bis dato bei den Frauen gab. „Ihre physiologischen Leistungen waren für diesen Zeitpunkt extrem gut“, berichtet Dr. Schürer. Es gab Bedenken, sie könnte schon viel zu früh in Form sein. Deshalb wurde schließlich entschieden, den geplanten Belastungsrhythmus nicht mehr komplett durchzuziehen. „Wir haben lange diskutiert und waren am Ende aus meiner Sicht nicht mutig genug“, meint der IAT-Wissenschaftler. Er erklärt, bei der Entscheidung müsse bedacht werden, durch welches Training Hennig diese Leistung generiert hatte. Die Antwort war, „sie hatte die Diagnostik nicht spezifisch vorbereitet. Im Gegenteil, sie absolvierte die Leistungsdiagnostik aus dem für diesen Zeitpunkt normalen Training heraus. So wäre vielleicht die einzig richtige Schlussfolgerung gewesen: Das Training, was sie absolviert hat, hat für sie funktioniert.“ Im Nachgang kam die Erkenntnis, „sie ist gut, sie gehört in die Weltspitze und hat eben dieses Niveau. Das war ein Lernprozess. So ist uns im Olympiajahr die Umsetzung noch einmal besser gelungen. Da war sie ähnlich gut, und es wurde aber am System festgehalten. Denn am Ende“, so betont Dr. Schürer, „nur wenn ein Plan umgesetzt wird, findet man auch heraus, ob er auch funktioniert.“
Als weiteres Erfolgsrezept der Leistungsoptimierung sieht Dr. Schürer den immer höheren Umsetzungsgrad der geplanten Belastungen. „Zudem haben wir das Verhältnis von Belastung und Erholung gut gesteuert.“ In Vorbereitung auf Peking war IAT-Wissenschaftler Björn Sterzing bei allen drei Höhentrainingslagern dabei, um begleitend verschiedenste Parameter für ein detailliertes Belastungsmonitoring zu erfassen. „Ein Schlafmonitoring, die Betrachtung des Verlaufs der Ruheherzfrequenz oder der Sauerstoffsättigung in Ruhe und nach der Belastung ermöglicht es, ein individuelles Bild jedes Athleten zu zeichnen und kann Aufschluss darüber geben, wie lange ein Sportler für die Höhenakklimatisation benötigt bzw. darüber, wie der Athlet auf das Training in der Höhe reagiert und welche individuellen Belastungen möglich sind“, erklärt er und meint, „das ist dies alles eigentlich kein Hexenwerk.“ Aber Trainingssteuerung gelinge auf der Grundlage einer guten Datenlage eben besser.
So konnte über die vergangenen Saisons die Trainingsqualität Schritt für Schritt verbessert werden. Dies betraf die Bewegungsausführung genauso wie die Einhaltung der Intensitätsvorgaben. „Wir konnten Sportler und Trainer mehr und mehr dafür sensibilisieren, dass Trainingsqualität nicht ausschließlich durch Bewegungsdynamik charakterisiert wird, sondern auch durch einen möglichst hohen Umsetzungsgrad der vorgegebenen Belastungsintensität. Diese Dinge haben wir auch in der Trainerausbildung immer wieder erörtert.“
Resümierend zu den Erfolgen in Peking sagt der IAT-Wissenschaftler, „ist es in der Olympiasaison gelungen, viele Dinge gut umzusetzen. Es wurde sauber gemonitort und man konnte entsprechend gut reagieren.“ Aber, ehrlicherweise, auch vor Ort an den Wettkampftagen hat vieles gepasst. „Teilweise haben vereinzelte Nationen ihre Staffelbesetzung unglücklich gewählt und auch die schweren Wettkampfbedingungen haben uns ein bisschen in die Karten gespielt. Die Höhenlage und die schweren Strecken in Kombination mit der extremen Kälte und dem starken Wind haben die Rennen sehr schwer gemacht. Darauf muss man vorbereitet sein – und das waren wir.“