Das internationale Forschungsteam um Hannes Kock (IAT-Fachgruppe Biathlon) und Dr. Axel Schürer (IAT-Fachgruppe Skilanglauf) analysierte das Training und die Wettkampfleistung von zwölf deutschen Elite-Skilangläufer*innen während der Corona-Pandemie.
Verglichen wurden die zwei Saisons 2019/20 (vor der Pandemie) sowie 2020/21 (unter Pandemiebedingungen). Die Trainingsdaten wurden nach Lockdown-Phasen gruppiert und die Veränderungen in Trainingsdauer, Intensitätsverteilung und Wettkampfleistung untersucht. Die Analyse basierte auf Trainingstagebüchern, physiologischen Testwerten aus Labordiagnostiken und Wettkampfergebnissen aus dem Weltcup der FIS.
Ergebnisse
Entgegen Entwicklungstrends in anderen Ausdauersportarten (Reduktion im Trainingsvolumen und Veränderungen der Trainingsmittelverteilung) konnten deutsche Skilangläufer*innen während der Corona-Pandemie ihre Trainingsgewohnheiten nahezu beibehalten. Das jährliche Trainingsvolumen konnte unter Pandemiebedingungen - wie im langfristigen Leistungsaufbau wohl geplant - um neun Prozent von 852 auf 928 Stunden gesteigert werden. Dabei nahm vor allem das Training in niedriger Intensität (Zone 1) um 149 Stunden zu.
Die Labortests zeigten eine Verbesserung der maximalen Sauerstoffaufnahme (VO₂max), der Laufgeschwindigkeit (vBLa3) sowie der Leistungsfähigkeit bei submaximalen Belastungen. Auch die Wettkampfleistung verbesserte sich signifikant, gemessen an den FIS-Punkten, die in Distanz- und Sprintwettbewerben sanken.
IAT-Studienleiter Hannes Kock ordnet diese Ergebnisse ein: „Die von uns untersuchten Athlet*innen trainierten in der Pandemie unter Sonderbedingungen. In Vergleichsstudien wurden sowohl Trainingsvolumina reduziert, als auch Trainingsmittelveränderungen durchgeführt, was in Leistungsverschlechterung resultierte. Der Vergleich der Leistungsdaten zeigt; gerade Trainingskontinuität scheint ein sehr wichtiger Faktor zu sein.“
Erkenntnisse für die Spitzensportpraxis
Anhand der Analyse zieht das Forschungsteam sechs zentrale Lehren:
- Trainingspläne sollten flexibel bleiben. Eine anpassungsfähige Trainingsstruktur ermöglicht es Athlet*innen, auch unter unerwarteten Einschränkungen leistungsfähig zu bleiben.
- Grundlagenausdauer ist essenziell. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, niedrigintensives Training aufrechtzuerhalten – sowohl sportartspezifisch als auch unspezifisch.
- Klare und kontinuierliche Kommunikation ist entscheidend. Ein transparenter Austausch zwischen Athlet*innen und Trainerteam trägt dazu bei, Leistung und Wohlbefinden zu erhalten.
- Institutionelle und finanzielle Stabilität unterstützt die Leistungsentwicklung. Eine gesicherte Förderung erleichtert es Athlet*innen, sich auf ihr Training zu konzentrieren.
- Personalisierte Trainingskontrolle liefert wertvolle Erkenntnisse. Systeme zur Erfassung objektiver und subjektiver Parameter helfen dabei, den Trainingsfortschritt gezielt zu steuern.
- Regelmäßige Leistungsdiagnostik sichert langfristige Entwicklung. Standardisierte Tests in Labor oder Training geben wichtige Rückmeldungen zum individuellen Fortschritt.
Ausblick
Das Autorenteam sieht weiteren Forschungsbedarf um ein tieferes Verständnis für die Wirksamkeit von Anpassungsstrategien in Krisenzeiten für Sportler*innen und ihre Unterstützungssysteme zu erlangen.
Ein umfassendes Monitoring, das sowohl die physische als auch die kognitive Belastung der Athlet*innen berücksichtigt, ermögliche wertvolle Erkenntnisse über ihre Leistungsentwicklung und eine passgenauere Anpassung der Trainingsprogramme.
Dieser Ansatz unterstütze neben der körperlichen Leistungsfähigkeit auch die mentale Belastbarkeit der Sportler*innen, da er Stressoren gemeinschaftlich adressiert und die Bedeutung von Anpassungsfähigkeit, robuster Unterstützungsnetzwerke und gezielt gesteuerter Trainingsprozesse für eine positive Leistungsentwicklung höher bewertet.
Weitere Informationen
Titel: "The snow must go on: how German cross-country skiers maintained training and performance in the face of COVID-19 lockdowns" (Kock H. , Schürer A. , Staunton C. A. , Hanstock Helen G.), veröffentlicht in Frontiers in Sports and Active Living, [2024], DOI=10.3389/fspor.2024.1499738
Die vollständige Studie ist hier abrufbar.