Die Sportarten Kanurennsport und Kanuslalom werden intensiv von den IAT-Wissenschaftlern Dr. Matthias Englert, Christian Käding, Torsten Warnke und Gerd Lehmann betreut. Das sogenannte Trainer-Berater-System bildet das Bindeglied zwischen Wissenschaft und Praxis. „Wir stützen uns auf drei Säulen – Training, Wettkampf und Leistung – und versuchen unter guter wissenschaftlicher Praxis, die Defizite anhand von Wettkampf-, Trainingsanalysen und Leistungsdiagnostiken explizit herauszuarbeiten und im direkten Gespräch mit dem Trainer, den Sportlern die entsprechenden Hinweise zu geben. Ein Beispiel aus dem Rennsport – was am IAT gemacht wird – ist die Leistungsdiagnostik der Canadier Damen unter Laborbedingungen, sodass wir aufgrund der aktuellen Leistungs-fähigkeit Einfluss auf das weiterführende Training der Athletinnen nehmen können“, erläutert Trainingswissenschaftler Torsten Warnke.
300 Tage im Jahr unterwegs
„Zudem nehmen wir auch im Wettkampfpro-zess Einfluss, geben Hinweise von der Qualifi-kations- bis zur Finalphase“, erklärt Christian Käding, der für Kanuslalom verantwortlich ist. Dabei wird umfangreiches Datenmaterial zur Verfügung gestellt, sodass in der Wett-kampfphase die taktische oder technische Ausrichtung noch einmal überprüft und wenn nötig, geändert werden kann. Dafür war Fachgruppenleiter Matthias Englert bei-spielsweise in der vor-olympischen Saison 2019 im Kanurennsport 130 Tage unterwegs. Im Kanuslalom sind es 170 Tage, die Christi-an Käding unterwegs war. Darunter befinden sich Wettkämpfe, Trainingslehrgänge und Leistungsdiagnostiken. „Ergänzend bringen wir uns in die Trainer-Aus- und -Weiterbil-dung des Deutschen Kanu-Verbands ein“, sagt Dr. Englert.
Vorbereitungen auf Olympia
Olympische Testwettkämpfe fanden im Rennsport und Slalom bereits vor der Pan-demie statt. Da weitere geplante Lehrgänge in Tokio nicht möglich waren, wichen die Sla-lomkanuten auf den olympischen Kanal 2024 in Paris aus, der in seiner Charakteristik mit dem in Tokio zu vergleichen ist. Auch im Rennsport ist es gut, spezifische Ge-gebenheiten der Strecke zu kennen. Dazu erklärt Dr. Englert: „Vor allem die Windbedin-gungen haben einen großen Einfluss auf die unterschiedlichen Bahnen. Wir beobachten die äußeren Bedingungen um gegebenenfalls taktischen Einfluss in den Qualifikationsläufen nehmen zu können. Zusätzlich wurde beim Aufenthalt der Rennsportlerinnen und -sport-ler in Tokio untersucht, wie sich der Schlaf-rhythmus im Zuge der Zeitumstellung nach Ankunft verhält. Daraus gewonnene Erkennt-nisse können nun berücksichtigt werden.“Wenn Käding bei Kanuslalom-Wettkämpfen dabei ist – wie bei den beiden letzten Welt-cups vor Olympia – gilt es, Leistungsmerk-male im Wettkampfprozess zu kennzeichnen, sodass die Trainer im Wettkampfverlauf zu-sätzlichen Einfluss nehmen können, „damit die Athleten von der Qualifikation bis hin zum Finale besser werden.“ Aber auch die Daten internationaler Athletinnen und Athleten werden ausgewertet um zu ermitteln, welche Befahrungsvariante der Tore die schnellste ist. „Das können wir aus den Qualifikations- und Halbfinalläufen herausarbeiten. Und dann haben wir für das Finale die entscheidenden Informationen, wo die letzten Zehntelsekun-den herauszuholen sind.“Mit Blick Richtung Olympia und in Auswer-tung der Weltcups in Prag und Markkleeberg „sticht Andrea Herzog mit ihren Plätzen zwei und eins heraus.“ Wobei die Nationen China und Japan nicht anwesend waren, „Japan aber relativ stark einzuschätzen ist.“ Bei den drei anderen Olympia-Startern, Ricarda Funk, Hannes Aigner und Sideris Tasiadis, „mangelt es auch nicht an Leistungsvoraussetzungen konditioneller Art oder technischem Ver-mögen.“ Warum sie in Prag noch nicht ganz vorn mitgefahren sind, liege daran, dass Ka-nuslalom nicht durch einen Start-Ziel-Sieg mit einer zyklischen Bewegung geprägt sei, „sondern es gehört sehr viel Erfahrung und auf der einen oder anderen Seite vielleicht auch ein bisschen Glück dazu, einfach mal am Tag X mit dem richtigen Fuß aufgestanden zu sein.“ Trotzdem „konnten wir die Fehler der Drei detektieren und die Hinweise für die Trainingspraxis liefern“, sagt Käding. Um die Analysen innerhalb kürzester Zeit den Trainern zur Verfügung zu stellen, hat das IAT eine Datenbank mit einem angegliederten Wettkampfanalysesystem entwickelt. Funk und Tasiadis ist es beim zweiten Weltcup dann auch gelungen, mit jeweils Silber ganz weit vorn mitzufahren. Seit März kann das IAT mit der Neueinstellung von Svenja Törpel auch die Parakanuten auf dem Weg nach Tokio wissenschaftlich unter-stützen. Mit Einsätzen in der Wettkampf- und Leistungsdiagnostik konnte sie sich direkt in die Olympia-Vorbereitung einbringen.